Physik

Der Arbeitsgruppe von Prof. Marika Schleberger ist es in Kooperation mit einer französischen Arbeitsgruppe erstmalig gelungen, regelmäßige Ketten von nanoskaligen Hügeln („nanodots“) auf einer Isolatoroberfläche herzustellen. Diese Hügel sind vier Nanometer hoch und haben einen gleichmäßigen Abstand von weniger als 50 Nanmetern. Dazu wurden Ionen mit einer kinetischen Energie von 92 MeV (Megaelektronvolt) unter streifendem Einfall auf eine Kristalloberfläche geschossen. Die Ionen wurden amBeschleuniger GANIL in Caen in Frankreich erzeugt.
Die Länge der Kette und damit die Zahl der Nanodots kann über den Einfallswinkel variiert werden. Jede Hügelkette wird von einem einzelnen einfallenden Ion erzeugt. Eine derartige Struktur kann bisher mit keinem anderen Verfahren erzeugt werden. Solche Nanostrukturen sind für unterschiedliche Anwendungen interessant, zum Beispiel lassen sich damit Biochips herstellen oder Hochtemperatur-Supraleiter modifizieren.
Die Ionen sind so schnell, dass sie fast nur mit den Elektronen des Kristalls wechselwirken und nicht mit den Kernen. Da die Elektronen in dem Material nicht homogen verteilt sind, kommt es immer nur dann zu einer Energieabgabe, wenn das Ion einen Kristallbereich mit hoher Dichte durchfliegt. Die beobachteten Hügel sind also nichts anderes als ein Abbild der Elektronendichte, das durch den streifenden Einfall sichtbar gemacht wird.
Um Moleküle im Sinne „noch kleinerer“ Strukturen zu untersuchen, haben die Mitglieder der Arbeitsgruppe um Prof. Rolf Möller sich ihr „Traum“-Rastertunnelmikroskop selbst gebaut. Der von Röhrenpiezos angetriebene Scannerarbeitet bei Temperaturen von 6 bis 300 Kelvin. So ist es möglich, molekulare Bewegungen einzufrieren und organische Systeme mit submolekularer Auflösung zu untersuchen. Geforscht wird derzeit an dem organischen Molekül Kupfer-Phthalocyanin auf einer Cu(111)-Oberfläche. Die Stabilität des Tieftemperatur-Rastertunnelmikroskop macht es zudem möglich, lokale Spektroskopie an Oberflächen und einzelnen Molekülen durchzuführen. Von besonderem Interesse sind dabei Oberflächenreaktionen auf atomarer und molekularer Skala.
Ein wichtiges Ziel in der Oberflächenphysik ist es, Phänomene der Reibung und Dämpfung an Oberflächen zu untersuchen und zu verstehen. In den Experimenten wird das Messprinzip der dynamischen Rasterkraftmikroskopie verwendet. Diese Methode ermöglicht es, zusätzlich zur Topographie auch die Energieverluste an der Oberfläche aufzuzeichnen.
Auf ganz andere Weise nähert sich die Arbeitsgruppe von Prof. Hans Werner Diehl den Nanowissenschaften. Was geschieht, wenn zwei planparallele geerdete Metallplatten sich im Vakuum befinden? Erstaunlicherweise wirkt zwischen ihnen eine anziehende Kraft. Diese von Hendrik Casimir im Jahre 1948 entdeckte Kraft ist quanten­mechanischer Natur. Sie ist Folge der Tatsache, dass es im Vakuum stets schwankende elektromagnetische Felder gibt.
In nanoelektromechanischen Systemen (NEMS) treten noch kürzere Abstände zwischen Körpern auf. Die Casimir-Kräfte können dazu führen, dass Teile von NEMS aneinander kleben bleiben und somit deren Funktionsfähigkeitbehindern. Infolgedessen besteht großes Interesse daran, repulsive und kontrolliert änderbare Casimir-Kräfte zu realisieren.
Ähnliche fluktuationsinduzierte Kräfte können auch durch thermische Fluktuationen in einer Substanz induziert werden, die sich an einem kritischen Punkt befindet. Beispiele sind Flüssigkeiten am Endpunkt der Dampfdruckkurve, wo der Unterschied zwischen flüssiger und Gasphase verschwindet. Diese so genannten thermodynamischen Casimir-Kräfte zeigen eine ausgeprägte Temperaturabhängigkeit undwurden experimentell nachgewiesen.
In Prof. Hans Werner Diehls Arbeitsgruppe wurde die kritische Casimir-Kraft zwischen planparallelen Wänden theoretisch eingehend untersucht. Es stellte sich heraus, dass die von den Randbedingungen abhängende Casimir-Amplitude durch eine Funktion ersetzt werden muss. Ein doppelter Wechsel zwischen anziehenden und abstoßenden Kräften ist möglich. Da man die Wandparameter durch gezielte Wahl der Flüssigkeitskomponenten und der Wände sowie chemische Modifikation der Wände verändern kann, sollten sich diese Vorhersagen durch Experimente verifizierenlassen.
Ein weiteres zentrales Thema, dem sich die Forscher des Fachbereichs widmen, ist die Verbesserung heutiger Elektronik. Diese basiert auf dem Transport und der Steuerung von Ladungsträgern in Halbleitern, wobei die Informationsträger negative oder positive Ladungen sind. In Zukunft wird sich die Elektronik neben der Ladung zusätzlich den Eigendrehimpuls (Spin) zunutze machen, den jedes Elektron grundsätzlich trägt. Schickt man einen Strom durch eine ferromagnetische Schicht, dann werden die Spins der Elektronen ausgerichtetbeziehungsweise polarisiert. Mit Hilfe des spinpolarisierten Stroms kann in neuartigen Bau­elementen Information mit hoher Dichte gespeichert werden.
Die Physiker des SFB 491 in Bochum und Duisburg-Essen stellen neuartige Schichtkombinationen mit aufwändigen Wachstumsmethoden unter ultrareinen Bedingungen her. Dabei geht es um den Transport und die Manipulation von Elektronenspins, die zu neuartigen physikalischen Phänomenen führen. Die Injektion von Spins beeinflusst zudem optische und supraleitende Eigenschaften.
Mit einem ähnlichen Thema befassen sich die theoretischen Forschungsarbeiten der Arbeitsgruppe um Prof. Peter Kratzer. Gesucht werden Dünnschicht-Materialien, die es erlauben sollen, Silizium-basierte Elektronik um die Funktionalität magnetischer Materialien zuerweitern. Durch Berechnungen konnten die Forscher voraussagen, dass sehr dünne Mangan-Silizium-Schichten sogar bei Zimmertemperatur magnetisch sein können, obwohl gewöhnliche Legierungen von Mangan und Silizium nur nach Abkühlung magnetisches Verhalten zeigen. Ferner könnte das „Einsetzen“ einer einzelnen Mangan-Lage in Silizium interessante magnetische Eigenschaften hervorbringen.
In modernen Speichermedien spielen Domänenwände auf Grund der kleiner werdenden Domänen beziehungsweise größeren Speicherdichten eine wichtige Rolle. Die Arbeitsgruppe von Prof. Peter Entel hat den Einfluss von Domänenwänden in Kobalt-Platin-Schichten auf den elektrischen Widerstand untersucht.