Mathematik

Analysis/Numerik/Optimierung

Der Bereich Analysis/Numerik/Optimierung deckt ein weites Feld mathematischer Fragestellungen aus den Gebieten Differentialgeometrie, Analysis und Numerik partieller Differentialgleichungen und Optimierung ab. Die Forschung orientiert sich dabei in mehr oder weniger ausgeprägtem Maße an angewandten Problemstellungen aus den Natur- und Ingenieurwissenschaften, aber auch an grundlegenden innermathematischen Fragestellungen etwa im Bereich der geometrischen Analysis.

Durch eine Reihe von Neubesetzungen konnte in den vergangenen beiden Jahren der Bereich der Numerik neu aufgebaut werden, wobei auch mehr oder weniger ausgeprägte Bezüge zur ­Optimierung bestehen. Mit der Berufung der Professoren Christian Clason, Johannes Kraus und Irwin Yousept konnten in diesem Bereich hervorragende Wissenschaftler für unsere Fakultät gewonnen werden. Christian Clason beschäftigt sich in seiner Forschung mit inversen Problemen und ist auf diesem Gebiet international als Experte anerkannt, unter anderem, als Chair der Working Group TC7.4 „Inverse Problems and Imaging“ der International Federation for Information Processing (IFIP). Das Arbeitsgebiet von Johannes Kraus sind schnelle Löser für Diskretisierungen partieller Differentialgleichung, worüber er zu einem Hauptvortrag bei der internationalen Konferenz über „Domain Decomposition Methods“ DD22 in Lugano eingeladen war. Das Forschungsgebiet der Arbeitsgruppe von Irwin Yousept ist die Numerik partieller Differentialgleichungen im Hinblick auf die Optimalsteuerung. Dabei bilden Fragestellungen im Zusammenhang mit elektromagnetischen Feldern derzeit einen Schwerpunkt seiner Forschung. Auf der GAMM-Jahrestagung 2014 wurde ihm der Richard-von-Mises Preis für außergewöhnliche wissenschaftliche Leistungen im Bereich der Angewandten Mathematik und Mechanik verliehen. Noch vor seinem Wechsel an unsere Fakultät war er erfolgreich an der Einwerbung des Sonderforschungsbereiches TRR 154 „Mathematische Modellierung, Simulation und Optimierung am Beispiel von Gasnetzwerken“ der DFG beteiligt, mit dem er auch weiterhin assoziiert ist.

In der Analysis konnte zum Wintersemester 2014/15 mit Georg Weiss ein erfahrener und etablierter Forscher für unsere Fakultät gewonnen werden, der in der Theorie nichtlinearer partieller Differentialgleichungen arbeitet. Seine Arbeiten an der Schnittstelle zwischen reiner und angewandter Mathematik erregten vor allem im Bereich von Problemen mit freien Rändern Aufsehen. Analytische und geometrische Methoden benutzt er für ein breites Spektrum von aus der Anwendung motivierten Fragestellungen, die unter ­anderem das Studium von Wasserwellen, ­Magnetohydrodynamik und rotierende Sterne umfassen.

In der Arbeitsgruppe von Prof. Gerhard Starke wurde durch die Neuberufung nach Essen die langjährige erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem Institut für Mechanik von Prof. Jörg Schröder weiter ausgebaut. In einem gemeinsamen Projekt, welches von der DFG im Normalverfahren gefördert wird, wurde erstmals eine spannungsbasierte gemischte Finite-Element-Methode zur numerischen Simulation hyperelastischer Materialien entwickelt und analysiert. Im Rahmen des mitinitiierten DFG Schwerpunktprogramms 1748 ­„Zuverlässige Simulationstechniken in der Festkörpermechanik“ wird ein gemeinsamer Antrag der beiden Arbeitsgruppen zur Entwicklung neuer Finite-Elemente-Verfahren für finite Elasto-Plastizität für die nächsten drei Jahre gefördert. Dieses Projekt wie auch das gesamte Schwerpunktprogramm haben zum Ziel, die Einsetzbarkeit und das Verständnis moderner Diskretisierungsverfahren zur Simulation in der Festkörpermechanik zu erweitern, beispielsweise zur Vorhersage des Materialverhaltens unter Belastungen. In diesem Zusammenhang wurden in den letzten zwei Jahren neue Ergebnisse über die Approximationsgüte von kanten- und flächenbasierten Finite-Element-Methoden bei vorgegebenen Randbedingungen auf gekrümmten Kurven oder Oberflächen erzielt.

Die Forschung in der Arbeitsgruppe von Prof. Rüdiger Schultz zur Optimierung des Gastransports in Pipelinesystemen und zur stochastischen Optimierung wurde im Berichtszeitraum weiter konsolidiert. Hier konnten insgesamt 4 Promotionen erfolgreich abgeschlossen werden. Die Arbeiten in zwei Teilprojekten des Graduiertenkollegs 1855/1 „Diskrete Optimierung technischer Systeme unter Unsicherheit“ der TU Dortmund sind erfolgreich angelaufen. Die internationale Wertschätzung der im gemeinsamen Mercatorprojekt mit Prof. Clausen (TU Dortmund) zum Thema „Ressourcenschonende Routenplanung in der Metropole Ruhr mittels stochastischer Optimierung“ erzielten Ergebnisse äußerte sich unter ­anderem durch eine Einladung der im Projekt tätigen Mitarbeiterin zu einem mehrmonatigen Forschungsaufenthalt an das renommierte ­Centre de recherche sur les transports (CRT) der Universität Montreal. Die projektbezogene Kooperation mit der in Essen ansässigen Gastransportgesellschaft Open Grid Europe wurde in der gesamten inhaltlichen Breite von mathematischen Grundlagenuntersuchungen bis zur Produktivstellung entwickelter Softwarekomponenten fortgeführt. Einen besonderen Höhepunkt hinsichtlich der Anerkennung seiner Forschung zu Theorie und industriellen Anwendungen der ­stochastischen Optimierung stellt die Mitwirkung von Prof. Schultz als auswärtiger Teilprojektleiter in dem von der DFG an den Standorten Erlangen, Berlin und Darmstadt zum 1. Oktober 2014 eingerichteten SFB Transregio TRR 154 „Mathematische Modellierung, Simulation und Optimierung am Beispiel von Gasnetzwerken“ dar.

In der Arbeitsgruppe von Prof. Arnd Rösch wurden im Berichtszeitraum weitere grundlegende Resultate zur A-prori- und A-posteriori-Fehleranalyse von Optimalsteuerproblemen bei partiellen Differentialgleichungen erzielt. Teilweise handelt es sich dabei um den Ertrag der geförderten ­Projekte in dem inzwischen ausgelaufenen DFG-Schwerpunktprogramm 1253 „Optimierung mit partiellen Differentialgleichungen“. Während des Berichtszeitraums war mit Bui Trong Kien ein erfahrener Humboldt-Postdoktorand für ­insgesamt 18 Monate mit dem Projekt „Quali­tative studies for optimal control problems governed by ordinary differential equations and partial differential equations“ zu Gast in der Arbeitsgruppe. Gemeinsam mit den Kollegen Prof. Christian Meyer (TU Dortmund) und Prof. Klaus Hackl (RU Bochum) arbeitet Prof. Arnd Rösch ab November 2014 an einem MERCUR-Projekt zum Thema „Optimale Steuerung mechanischer Schädigungsprozesse“.

In der Arbeitsgruppe von Prof. Andreas Gastel wurde über Probleme der Variationsrechnung geforscht, und zwar einerseits über Funktionale aus der Eichtheorie und andererseits über geometrische Funktionale höherer Ordnung. Bezüglich der letzteren Thematik wird seit Herbst 2014 ein Forschungsprojekt von der DFG im Normalverfahren finanziert. Zusammen mit Prof. Christoph Scheven wurden beide Teilbereiche zusammengeführt zu einer Arbeit über Eichfunktionale höherer Ordnung.
Des weiteren hat Prof. Christoph Scheven schwerpunktmäßig über degenerierte parabolische Probleme sowie über geometrisch motivierte Flüsse geforscht. Im Berichtszeitraum hat er eine Kooperation mit Prof. Verena Bögelein aus Salzburg und Dr. Teemu Lukkari aus Jyväskylä (Finnland) über Hindernisprobleme vom Poröse-Medien-Typ initiiert, wobei Resultate zur Existenz und zur Regularität von Lösungen erzielt wurden.

In der Arbeitsgruppe von Prof. Paola Pozzi wurde über analytische und numerische Fragestellungen bei geometrischen partiellen Differentialgleichungen und der Regularitätstheorie geometrischer Funktionale geforscht. Dabei wurden in Zusammenarbeit mit Prof. Martin Rumpf (Bonn) und Prof. Anna Dall’Aqua (Ulm) interessante Resultate unter anderem zur Modellierung und Numerik des anisotropen Willmore-Flusses und zur Langzeitexistenz des Flusses elastischer Kurven erzielt. Ausserdem wurden neue Erkenntnisse zu geometrischen Krümmungsenergien mit möglichen Anwendungen in bio-physikalischen Abstoßungsprozessen gewonnen.

In der Arbeitsgruppe von Prof. Ulrich Dierkes werden einerseits analytische Aspekte von Differentialgleichungen und Variationsproblemen unter­sucht, die durch geometrische bzw. physikalische Fragestellungen motiviert sind. Dabei handelt es sich zum Beispiel um Existenz- und Regularitätsfragen für Minimalflächen oder Flächen vom Typ des Hängedaches, geometrische Evolutionsprobleme oder freie Randwertprobleme. In einem von der Studienstiftung des deutschen Volkes geförderten Promotionsvorhaben sind ­interessante Einschließungssätze im Kontext der geometrischen Maßtheorie bewiesen worden. Zwei weitere Dissertationen beschäftigen sich zum Einen mit sogenannten Bernsteinsätzen für nichtlineare Gleichungen oder Systeme in höheren Dimensionen, ferner mit diffizilen Regularitätsuntersuchungen bei singulären Variationsproblemen und dabei auftretenden freien Rändern, wobei interessante Resultate erzielt wurden. Andererseits werden in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe von Prof. Pozzi Projekte zur numerisch-geometrischen Analysis betreut, insbesondere zur Numerik für Minimalflächen mit freien Rändern. Hierzu sind wichtige und ermutigende Ergebnisse erzielt worden. Daher ist geplant, diese interdisziplinäre Forschung fortzusetzen und zu vertiefen.

In der Arbeitsgruppe von Prof. Petra Wittbold wurde die erfolgreiche Zusammenarbeit im ­Rahmen der von der Humboldt-Stiftung geförderten Institutspartnerschaft (2013–2015) mit der Universität Warschau weitergeführt, wobei neue Ergebnisse zu Erhaltungsgleichungen mit unstetigem Fluss erzielt wurden. Während eines eingeladenen und durch den französischen CNRS finanzierten Forschungsaufenthaltes an die ­Universität in Pau wurden eine Reihe von Arbeiten zur Thematik „Stochastic perturbations of conservation laws“ auf den Weg gebracht, von denen die erste bereits erschienen ist. Zusammen mit Kollegen aus Bielefeld und der TU Berlin hat Prof. Wittbold im November 2013 in Berlin einen Workshop „Recent Trends in Differential ­Equations: Analysis and Discretization Methods“ organisiert. Dort fand im März 2013 bereits die 5. „Spring School on Evolution Equations“ statt, die gemeinsam mit Prof. Etienne Emmrich (TU Berlin) veranstaltet wurde.

In der Arbeitsgruppe von Prof. Patrizio Neff wurden unter anderem neue Verbindungen zwischen Differentialgeometrie und nichtlinearer Elas­tizitätstheorie gefunden, welche die Forschung auch in Richtung Matrix-Analysis befruchtet haben.

Prof. Dirk Pauly konnte unter anderem in Zusammenarbeit mit Dr. Olli Mali aus Jyväskylä (Finnland) funktionale a posteriori Fehlerschätzer für elliptische Außenraumaufgaben entwickeln und neue Abschätzungen für die Maxwell-­Konstanten erzielen. Zusammen mit Prof. Repin (St. Petersburg) veranstaltet er seit einigen Jahren einen Workshop zum Thema „Analysis and Advanced Numerical Methods for Partial Differential Equations“, der 2014 in St. Petersburg, 2013 in Strobl und 2012 in Konnevesi/Jyväskylä stattfand.