Forschungshighlights

Ein Alleinstellungsmerkmal des Profilschwerpunkts im Vergleich zu anderen bundes- und weltweiten Forschungszentren mit urbanem Forschungsbezug ist die intensive Einbindung der Geistes-, Gesellschafts- und Gesundheitswissenschaften in allen Forschungstätigkeiten. Einige Projekthighlights werden im Folgenden skizziert.

Forschungsfeld „Urbane Kultur und gesellschaftliche Zukunftsentwürfe“

Scripts for Postindustrial Urban Futures: American Models, Transatlantic Interventions/ Skripte für die Zukunft der postindustriellen Stadt: Amerikanische Modelle, Transatlantische Interventionen

Ziel des 2017 von der VolkswagenStiftung bewilligten, an der UDE angesiedelten und von Kolleg*innen der Nordamerikastudien aller drei UA-Ruhr-Universitäten getragenen Promotionskollegs mit sieben Promovierenden und einer Postdoc-Stelle ist die transatlantische Erforschung einer in den letzten Jahren besonders populären Art des normativ wirkmächtigen „Skripts“: Sprecherin ist die Amerikanistin Prof. Barbara Buchenau, Co-Sprecher der Anglist Prof. Jens Martin Gurr. Im Fokus stehen Entwürfe einer ökologisch-nachhaltigen, künstlerisch-kreativen oder auch sozial und kulturell inklusiven Zukunft für die urbanen Gemeinschaften der ehemaligen Schwerindustrie in den USA und in Deutschland.

„Skripte“ sind dabei narrativ und medial vermittelte Handlungsanweisungen und Regelentwürfe von großer gesellschaftlicher Tragweite. Es handelt sich um Selbstbeschreibungen, die Entwicklungspfade aus der Vergangenheit in die Gegenwart fortschreiben und darauf aufbauend möglichst überzeugende Zukunftsentwürfe entwickeln. In enger Zusammenarbeit der Nordamerikastudien mit stadtgestaltenden öffentlichen Einrichtungen und Privatunternehmen der deutschen und amerikanischen Untersuchungsregionen werden Skripte für postindustrielle Stadtentwicklung untersucht. Von besonderem Interesse sind dabei transatlantische Transfer- und Austauschprozesse stilbildender US-amerikanischer Selbstbeschreibungen und Deutungsmuster seit dem späten zwanzigsten Jahrhundert.

Die Untersuchung derartiger postindustrieller urbaner Skripte erfolgt aus dem explizit eingenommenen Blickwinkel des Ruhrgebiets, einer Region und Wissenschaftslandschaft mit vergleichbar umwälzendem Strukturwandel sowie seit langer Zeit schrumpfender und gleichzeitig älter und heterogener werdender Bevölkerung. Dieser Blickwinkel zeigt, dass Selbstreflexionen deutscher Städte sich gern bei Erzählmustern und medialen Inszenierungen amerikanischer Städte bedienen und sei es, um durch strategische Abgrenzung in eine konkrete stadtgesellschaftliche Dynamik einzugreifen („This is not Detroit“ – Bochum zur Zeit der Abwicklung der Opel-Werke).

Auf der Grundlage exemplarischer Feldforschung und aktiver Mitarbeit der Promovierenden bei den Praxispartnern werden narrative, figurative und mediale Strategien der Stadtgestaltung erfasst, analysiert und anhand exemplarischer Projekte redigiert und weiterentwickelt. Die Zusammenarbeit von diskursiv, hermeneutisch und semiotisch geschulten Kulturwissenschaftler*innen mit Praxispartner*innen der Stadtentwicklung auf beiden Seiten des Atlantiks zielt auch darauf, mögliche Fehlentwicklungen zu antizipieren, die in den heutigen Blaupausen für eine postindustrielle urbane Zukunft angelegt sind. In der Materialauswahl und im Erkenntnisinteresse gehen die Einzelprojekte entschieden über die disziplinären Felder der amerikanischen Literatur, Kultur, Geschichte und Medien hinaus. Dabei verbinden die Promotionsprojekte die wissenschaftliche Nachwuchsausbildung der Amerikanistik erstmals strukturbildend mit Berufsfeldern der Stadtentwicklung auf beiden Seiten des Atlantiks.

Forschungsfeld „Urbane Ökosystem- und Wasserforschung“

NRW-Fortschrittskolleg FUTURE WATER

Das vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft NRW mit rund 2,7 Millionen geförderte Fortschrittskolleg besteht aus sieben Arbeitsgruppen der vier Fakultäten Chemie, Biologie, Ingenieurwissenschaften, Gesellschaftswissenschaften der UDE sowie je einer Arbeitsgruppe der Ruhr-Universität Bochum, der Hochschule Ruhr West, der EBZ Business School, des Instituts für Energie- und Umwelttechnik e.V. und des Kulturwissenschaftlichen Instituts (KWI).

Die Sicherstellung einer nachhaltigen Wasserwirtschaft steht im Zentrum der 12 inter- und transdisziplinären Promotionsprojekte. Ein umfangreiches Reise- und Ausbildungsbudget erlaubt den Kollegiat*innen sich bereits sehr früh ein eigenes, weites Forschungs- und Karriere- Netzwerk aufzubauen, das den Promovend*innen und dem Kolleg gleichermaßen zugutekommt. Nach drei Jahren Laufzeit zeigt sich der Erfolg des Konzepts an den rund 30 Publikationen, zwei Abschlüssen sowie zahlreichen positiven Berichten. Ende 2017 startet die zweite Kohorte von Promovierenden mit ihren Projekten. Ob FUTURE WATER auch über die erste Phase hinaus bis 2022 weitergefördert wird, wird vor allem von der politischen Weichenstellung im Land abhängen.

URBANTIP – Tipping points in urban metaecosystems: Disentangling the complex interactions of social structure, environment and human health

Ökosysteme zeichnen sich durch eine komplexe Dynamik aus, die durch Wechselwirkungen, Rückkopplungen und zeitlich verzögerte Effekte charakterisiert sind und die auf anthropogene Belastungen reagieren. Die Reaktionen auf menschlichen Stress können dabei einen kritischer Schwellenwert oder Kipppunkt erreichen, was eine abrupte Änderung des Systems in einen neuen Zustand bewirken kann. Solche Zustandswechsel können einen rasch voranschreitenden Biodiversitätsverlust zur Folge haben.

URBANTIP ist ein Verbundprojekt in der Vorphase eines 2-stufigen Fördervorhabens des BMBF zum Thema „Kipppunkte, Dynamik und Wechselwirkungen von sozialen und ökologischen Systemen“ (BioTip). Ziel des transdisziplinären Forschungsvorhabens ist es, die Dynamik der möglichen Wechselwirkungen im urbanen meta-Ökosystem zu untersuchen. Als Untersuchungsgegenstand dient die Metropolregion Ruhrgebiet. In dieser Region sollen Kipppunkte identifiziert werden, bei denen sich die Qualität und die Zusammensetzung des Ökosystems ändert und die damit verbundenen Ökosystemleistungen sinken. Vertiefend sollen diese Auswirkungen auf die Lebensbedingungen der städtischen Biodiversität, die Gesundheit der Menschen sowie die sozialen Lebensbedingungen untersucht werden. Am Ende sollen Strategien und Managementempfehlungen entwickelt werden, die das Überschreiten eines Kipppunktes vermeiden helfen.

EUCOST Action: Internationales Netzwerk ‚DNAqua-Net‘

Nähr- und Schadstoffe und der Klimawandel bedrohen Gewässerökosysteme und deren Ökosystemleistungen weltweit. Außerhalb verdichteter Siedlungsbereiche hat dies indirekte Folgen, innerhalb von Städten direkte Folgen für viele sozioökonomische Zusammenhänge. Nach der EU-Wasserrahmenrichtlinie sind alle Mitgliedsstaaten verpflichtet, die Oberflächengewässer bis 2027 in einen guten Zustand zu überführen oder diesen zu halten. Um wirksame Maßnahmen einleiten zu können, müssen Art und Umfang der in den Gewässern lebenden Organismen genau erfasst werden. Schnell, standardisiert und umfassend lässt sich dies über DNA-basierte Verfahren erheben. Von der Beprobung über die Artenliste von Mikroben bis hin zu höheren Tieren dauert der Prozess nur wenige Tage und kostet kaum mehr als die bislang gängigen Verfahren. Allerdings müssen noch technische und konzeptionelle Fragen geklärt werden, bevor DNA-basierte Techniken im bestehenden Verfahren eingesetzt werden können.

Genau diese Probleme greift das im November an der UDE initiierte internationale Netzwerk ‚DNAqua-Net‘ auf, das von der EU für insgesamt vier Jahre gefördert wird. DNAqua-Net ist eine EU COST Action (Co-Operation in Science and Technology), in der sich Vertreter aus Wissenschaft, Verbänden, Behörden, und Industrie zusammengefunden haben.

Bereits ein Jahr nach Beginn zählt das internationale Konsortium über 350 Personen aus 47 Ländern. In fünf Arbeitsgruppen erarbeitet das Netzwerk konkrete Vorschläge, wie DNAbasierte Techniken genutzt werden können, um die Biodiversität standardisiert zu erfassen, zu bewerten und letztendlich in die Monitoringpraxis einzubinden. Verschiedenste Netzwerkinstrumente wie Short-Term Scientific Missions (STSMs), Workshops, Conference Grants, Open Access Funding und Training Schools unterstützen dabei den Wissenstransfer zwischen den beteiligten Partnerländern, die Kommunikation von Methodenwissen in die Anwendungspraxis sowie zahlreiche Kooperationen an der Schnittstelle von Wissenschaft und Wirtschaft.

MARS – Managing Aquatic ecosystems and water Resources under multiple Stress

Weltweit sind die aquatischen Ökosysteme in besonderem Maße dem menschlichen Einfluss unterworfen. Direkter und indirekter Nutzungsdruck führten besonders in dicht besiedelten Regionen über Jahrhunderte zur Veränderung der Gewässer, mit negativen Folgen für die nachhaltige menschliche Nutzung. Dazu zählen in Europa Einbußen in Trink- und Grundwasserqualität, ein gesteigertes Hochwasserrisiko oder Beeinträchtigungen der Erholungsfunktion. Die Europäische Wasserrahmenrichtlinie bildet die gesetzliche Grundlage für eine integrative Bewirtschaftung von Grund- und Oberflächengewässer, deren Zustand durch multiple Stressoren beeinträchtigt ist.

Das MARS-Projekt (Managing Aquatic ecosystems and water Resources under multiple Stress, www.mars-project.eu), finanziert durch das 7. EU-Forschungsrahmenprogramm, erforscht multiple Stressoren auf verschiedenen räumlichen Skalen: Experimentelle Mesokosmen bilden die Effekte von Stressor-Paaren auf ausgewählte biologische Parameter auf der Ebene einzelner Wasserkörper ab. 16 Fallstudien in ganz Europa untersuchen die Wirkungen multipler Stressoren auf den ökologischen Zustand und Ökosystemleistungen in kompletten Flusseinzugsgebieten. Auf europäischer Ebene werden grenzübergreifende Datensätze zusammengetragen und hinsichtlich ihrer Effekte auf den Gewässerzustand analysiert. Die so gewonnenen Erkenntnisse fließen in die Entwicklung von Werkzeugen zur Gewässerbewirtschaftung ein und bilden die Grundlage für einen Leitfaden zum Management von Flüssen und Seen unter multiplen Stressoren.

Forschungsfeld „Urbane Logistik und Mobilität, Produktion und Versorgung“

Logistische Prozesse laufen 24 Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche. Auch wenn das Leben in der Stadt z.B. in den Nachtstunden ruht, geht Logistik weiter. Moderne Logistik leistet auch wichtige Beiträge für notwendige zukünftige Wandlungsprozesse in der Stadt. Logistik erlaubt etwa systemorientierte Perspektiven auf die zukünftigen urbanen Versorgungs- oder Mobilitätssysteme. Sie gewährleistet dabei den effektiven Ablauf von der Ressourcenbeschaffung, der Produktion, über die gesamte Distributionskette in den Handel bis zum Endkonsumenten und stellt die Sicherheit der Versorgung mit allem Lebenswichtigen sicher, bzw. analysiert und organisiert Verkehrsströme im und in den urbanen Raum.

Im Versorgungsbereich stellt das im ZLV koordinierte BMBF-Projekt „Innovative Logistik für nachhaltige Lebensstile“ (ILONA, 2015–2018, koordiniert durch Klaus Krumme und PD Dr. Ani Melkonyan) die erste Schwerpunktförderung logistischer Fragestellungen im Programm Forschung für nachhaltige Entwicklungen (FoNa) dar. Dabei widmet sich das Projekt zentral dem Verständnis und der Innovation des Wechselspiels von Supply Chain Services und nachhaltigen Lebensstilen, u.a. mithilfe von System Dynamics- Modellierungen. Fallstudien erproben u.a. Gestaltungsmöglichkeiten der regionalen urbanen Lebensmittelversorgung (um die Stadt Linz, Österreich) und bezüglich nachhaltigen Kundenverhaltens im Bereich Fashion/eCommerce.

Im Verkehrsbereich stellt sich das mit Mitteln des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklungen (EFRE) geförderte Projekt „Der Niederrhein – ein sicherer Logistikstandort“ (2016-2017) dem noch unterschätzten Optimierungsbereich der „ruhenden Verkehre“ in Stadt und Region. Zentrale Fragestellungen der von der Niederrheinischen Industrie- und Handelskammer Duisburg-Wesel-Kleve mit dem ZLV (Prof. Dr. B. Noche, A. Hoene) koordinierten Untersuchung sind u.a.: Wo und wie können Ladungen und Container sicher verwahrt werden? Wo können sich Lkw-Fahrer während ihrer Ruhezeiten aufhalten? Welchen Beitrag kann eine intelligente Steuerung der Verkehre zur Optimierung leisten? Ziel des Projekts ist, im Austausch mit den relevanten Akteuren vor Ort Konzepte, Lösungen und Best-Practice-Beispiele für die Region Niederrhein zu identifizieren, zu bewerten und Handlungsoptionen aufzuzeigen.

Urban Factory – Ressourceneffiziente Fabriken in der Stadt

UDE-Teilprojektleitung: Prof. J. Alexander Schmidt (ISS) Kooperation des Instituts für Stadtplanung und Städtebau (ISS) der UDE mit der TU Dortmund, der TU Braunschweig sowie dem Fraunhofer Institut Dortmund und Praxispartner*innen Laufzeit: 2015 bis Juni 2018

Das BMWi-Projekt „Urban Factory“ entwickelt anhand von Modellvorhaben eine Wissensplattform zur Energie- und Ressourceneffizienz von Industrie und Produktion in der Stadt. Moderne Fabriken lassen sich nur auf Basis höchster energetischer Ansprüche und geringster Emissionsbelastungen (Gerüche, Lärm, Schadstoffe) in unsere Städte integrieren. Erste Ansätze in diese Richtung, vorrangig zur Energiesenkung, können von den Fabriken und Städten bereits in Eigenregie beigebracht werden, stärkere Bestrebungen erschöpfen sich jedoch zumeist nur in Insellösungen („grüne Fabriken“). Das Forschungsvorhaben „Urban Factory“ sucht nach Methoden, durch die das Gesamtpotenzial der Ressourceneffizienz von Fabrik und Stadt durch ihre Vernetzung gehoben werden kann.

Das Forschungsvorhaben vernetzt die Fachdisziplinen Industriebau, Produktion, Städtebau, Logistik und Energiedesign unter Einbindung von Unternehmen, Kommunen, Versorgungsunternehmen und Bürger*innen. Damit soll die rein energetische Bilanzierung überwunden werden, welche in den klassischen Effizienzinitiativen ausschließlich den Strom als Messgröße heranzieht. Zentrales Alleinstellungsmerkmal ist daher die Ausweitung auf Technologien und Simulations-/ Planungswerkzeuge zur Entwicklung von Methoden der integrierten Verbrauchssenkung von Boden, Treibstoff, Gas oder Öl und die unbedingte Betrachtung der Rolle der Stadtgesellschaft und ihrer Planungsprozesse und Partizipationsverfahren.

Verbundprojekt NEMO – Neue EmscherMobilität: Integrative Szenarienentwicklung für eine nachhaltige Mobilität in der Region Ruhr

Der Umbau der Emscher ist ein wichtiger Treiber der Regionalentwicklung im Ruhrgebiet. Nicht nur für die ökologische Erneuerung der Gewässer und Grünzüge ist dieser Prozess eine große Chance; der Umbau des Flusssystems ermöglicht auch neue städtebauliche Perspektiven: Vor allem sind es viele Wegeverbindungen, die im Zuge der Transformation der Emscher im Sinne einer nachhaltigen Mobilität neu geschaffen und gedacht werden können, denn die bisherigen Emscher-Betriebswege werden auf einer Länge von mehr als 200 km für die Öffentlichkeit nutzbar. Dies ist eine einmalige Chance für die Verkehrswende.

Im von der Stiftung Mercator geförderten Verbundprojekt NEMO untersucht ein interdisziplinäres Team von Wissenschaftler*innen, wie ein nachhaltiges Mobilitätssystem im Bereich der Emscher aussehen kann. Ziel ist es, integrierte Szenarien zu entwickeln, die gleichermaßen auf städtebaulicher und ökonomischer Expertise beruhen und zugleich Bedarfe, Vorstellungen und Wünsche der Menschen vor Ort einbeziehen. Diese Perspektiven werden mithilfe innovativer, computerbasierter Modellierungen zusammengeführt, um eine gangbare Zukunft für die Mobilität in der Emscherzone darzustellen.

Das Projekt wird im engen Austausch mit dem Regionalverband Ruhr (RVR) und der Emschergenossenschaft sowie den Kommunen bearbeitet, die im Einzugsbereich der Untersuchungsräume liegen. Damit wird sichergestellt, dass Planungen und Entscheidungsprozesse mit den NEMO-Untersuchungen verknüpft werden können. Bestenfalls unterstützen deren Argumente lokale nachhaltige Mobilitätskonzepte, bestätigen die NEMO-Simulationen regionale Planungskonzepte oder können den Entscheidungen für lokale Planungsalternativen wissenschaftlich abgesicherte Aussagen zugrunde gelegt werden.

Projektpartner des von Prof. J. Alexander Schmidt geleiteten Projekts sind das ZLV (PD Dr. Ani Melkonyan), das Institut für Land- und Seeverkehr der Technische Universität Berlin und DIALOGIK gGmbH Stuttgart.

Globale Netzwerke für Nachhaltige Urbanisierung: integriertes Umwelt- und Supply Chain Management

Gleich mehrere Förderungen der Europäischen Union (Erasmus+) und des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) ermöglichten gebündelte Initiativen der Forschungszentren ZWU und ZLV, die sich mit dem internationalen Austausch, der Bildung von Kompetenznetzwerken für Sustainable Urban Development (SUD) und dabei vor allem wichtigen Fragestellungen der urbanindustriellen Versorgung, den zugrundeliegenden Umweltund Ressourcenaspekten sowie Produkt-Service- Systemen beschäftigten.

Die Projekte stehen dabei in einem Gesamtzusammenhang und beinhalten eine strategische Kombination von Umwelt- und Supply Chain Management mit Fokus auf Urbanisierungsprozesse: So ermöglicht „EnviChain – the Basis for Sustainable Development“ Studierenden, Promovierenden und etablierten Wissenschaftler*innen aus Ägypten (Fayoum University, Arab Academy of Science, Technology and Maritime Transport) die Weiterentwicklung des Arbeitsfelds „Wasser-, Energie- und Nahrungsmittelsicherheit“ (Water- Energy-Food-Security Nexus) und der entsprechenden Implikationen für die (urbane) Entwicklung Ägyptens und Nordafrikas (EU Erasmus+, 2017-2018). Die die gesamte arabische Welt umfassenden DAAD-Förderungen zum „German- Arab Knowledge Colloquium“ widmeten sich „Resilience of urban-industrial Systems“ (2015) und „Knowledge on the Water Energy Food Security Nexus in the MENA Region” (2017).

Die DAAD-Summer Schools „WE-Chain“ (gefördert nach 2014 auch 2016) im Rahmen der weltweiten Leitmesse für Umwelttechnologien IFAT (München) erzeugten Dialoge zwischen Teilnehmer*innen aus aller Welt zu Fragen effektiven urbanen Ressourcenschutzes und der Governance von Ökosystemleistungen sowie der Umgestaltung nachhaltigkeitskritischer Produktlebenszyklen und Wertschöpfungssysteme. Die ebenfalls weltweiten Teilnehmer*innen der ECoLSummer School zur „Food Supply Chain“ setzten sich mit internationalen Cases und Chancen der Lebensmittelproduktion sowie des Lebensmittelhandels unter Bedingungen des Klimawandels und der Urbanisierung auseinander (DAAD 2017).

Forschungsfeld „Urbaner Klimaschutz“

NRW-Fortschrittskolleg „Energieeffizienz im Quartier – Clever versorgen.umbauen.aktivieren“

Projektleitung: Prof. Christa Reicher (TU Dortmund) UDE-Beteiligte: Prof. Angelika Heinzel, Prof. J. Alexander Schmidt, Prof. Christoph Weber; Projektpartner an der TU Dortmund, der Ruhruniversität Bochum und der Hochschule Bochum Laufzeit 2014 bis 2018

Im Vordergrund des vom Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Landes NRW geförderten Kollegs mit 14 Promotionsstellen (davon eine finanziert durch die Stiftung Mercator) stehen Fragen nach den Systeminnovationen und Strukturen, die notwendig sind, um eine flächendeckende Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen in unterschiedlich konstituierten Stadtquartieren zu erreichen. Dabei wird in drei Schwerpunkten geforscht: 1) soziotechnische Dynamik, 2) Akteure, Governance und Handlungsoptionen und 3) übergeordnete Zusammenhänge. Es sollen im Zusammenwirken der einzelnen Promotionen zum einen disziplinäre Arbeiten entstehen, zum anderen aber auch Anknüpfungspunkte und Vernetzungen mit den anderen Disziplinen aufgezeigt werden. Diesen Schnittmengen zwischen den Disziplinen kommt im transdisziplinären Austausch eine besondere Bedeutung zu.

Kollaboration im urbanen Klimaschutz: Duisburg. Nachhaltig

Koordination: ZLV-Geschäftsstelle

UDE-Projektbeteiligte und -partner: Institut für Baubetrieb und Baumanagement (Prof. Alexander Malkwitz), Institut für Energietechnik (Prof. Angelika Heinzel), Institut für Energiewirtschaft (Prof. Christoph Weber), Europäisches Entwicklungszentrum für Schiffstechnik und Transportsysteme (Dipl.-Ing. Berthold Holtmann), Institut für Umwelt- und Energietechnik (IUTA) (Prof. Dieter Bathen), Lehrstuhl Transportsysteme und Logistik (Prof. Bernd Noche), Nachhaltigkeitsprozess der UDE (napro) (Prof. André Niemann)

Gefördert mit Mitteln der Nationalen Klimaschutzinitiative des BMUB erarbeiteten Wissenschaftler*innen des Profilschwerpunktes Urbane Systeme unter Koordination des ZLV gemeinsam mit der Stabstelle Klimaschutz der Stadt Duisburg und einem Teilnehmerkreis aus Stadtkonzern, Kommune, Wirtschaft und Gesellschaft Duisburgs Klimaschutzkonzept „Duisburg.Nachhaltig“ (2015–2017). In insgesamt sieben Handlungsfeldern wurden sowohl die Besonderheiten Duisburgs als urbanindustrieller Produktionsstandort als auch die Funktion als europäische Logistikdrehscheibe sowie Aspekte stadtkulturelle Diversität, zukunftsfähiger urbane Mobilität oder die notwendige Stärkung lokaler Sharing Economy in einem Ansatz berücksichtigt. Das Projekt setzt physisch auf die auf Circular Economy als Stadtmetabolismus und sozial auf die gemeinsame Wissensproduktion am urbanen Kompetenzstandort.

Mit der Projektarbeit startete ein Partizipationsprozess, der auf dieser Grundlage der Mobilisierung breiter Teile der Stadtgesellschaft für die Zielerreichung des urbanen Klimaschutzes bis 2030 und darüber hinaus dienen soll. Zentrale Strategie ist dabei das „Urbane Transition Management“ (UTM) des DRIFT-Institutes (Rotterdam) und des internationalen Netzwerks ICLEI (Local Governments for Sustainability). UTM soll zukünftig auf Basis der Duisburger „Nachhaltigkeitsallianz“ gesteuert und umgesetzt werden, die Akteure aller stadtgesellschaftlichen Gruppen umfasst.

In die lokalen Transformationsprozesse fließen Ergebnisse der Förderung des BMBF zur „Energieeffizienten Stadt“ ein: Das in den Jahren 2016–2017 geförderte Sondervorhaben „Mobilität.Morgenstadt.Ruhr“ macht die Ergebnisse und Tools für Duisburg verwert- und anwendbar. Eine Web 2.0-Plattform verfolgt das Konzept des Clearing House: Eine Handlungsgemeinschaft trägt technologisch unterstützt bestehendes Wissen zusammen, entwickelt neue Ideen, diskutiert sie und setzt diese verabredet um. Ein wesentlicher Unterschied zu anderen Plattformen ist, dass Inhalte von jedem/jeder Nutzer*in (unabhängig von einer Vereinsmitgliedschaft oder Institutionsangehörigkeit) erstellt und bearbeitet und damit möglichst umfassend und langfristig aktuell gehalten werden können („Open Source“).

BMBF-Projekt: Teilprojekt im Rahmen der „Klimainitiative Essen – Handeln in einer neuen Klimakultur“: Messung und Erfassung der Fußgängerfreundlichkeit von Stadträumen

UDE-Teilprojektleitung: Prof. Dr. J. Alexander Schmidt, Institut für Stadtplanung und Städtebau (ISS) In Kooperation mit dem Zentrum für Logistik und Verkehr, dem Kulturwissenschaftlichen Institut (KWI) und der Stadt Essen Laufzeit: 2011 bis 2017

Die Gestaltung von Straßenräumen kann das Mobilitätsverhalten im Quartier nachhaltig beeinflussen. Das Konzept der Walkability (etwa: „Fußgängerfreundlichkeit“) zielt aus planerischer Sicht auf eine bewegungsanimierende Umwelt; die Messung der Walkability dient dabei der Information von Politik und Planung. Ziel der Studie ist es, verschiedene Methoden der Walkability-Erhebung zu testen. Der räumliche Fokus liegt auf gemischt genutzten Quartiersgebieten, da hier die Walkability im Sinne der Alltagsmobilität und sozialen Teilhabe eine große Rolle spielt. Mit Hilfe des hier entwickelten Tools „Integrierter Walkability Audit auf Mikroebene“ (IWAM) wurden sieben Untersuchungsgebiete in Essen im Hinblick auf ihre Walkability untersucht und mit Analyseergebnissen auf Makroebene (Gesamtstadtebene) abgeglichen. Dabei hat sich gezeigt, dass die Ergebnisse auf Makroebene nicht mit denjenigen auf Mikroebene übereinstimmen bzw. sich von Gebiet zu Gebiet bzw. von Segment zu Segment unterscheiden. Kleinräumige Analysen auf Straßenraumebene und ergänzende Befragungen sind daher notwendig, um Walkability besser zu verstehen.

Forschungsfeld „Urbane Gesundheitsforschung“

Zusammenhang von Straßenverkehrslärm und Wohnortgrün mit subjektiver und mentaler Gesundheit

Um einen Einblick in die komplexen Beziehungen zwischen der gebauten und sozialen Umwelt und der Gesundheit zu gewinnen, wurden unter der Letinug von Prof. Susanne Moebus die Assoziationen zwischen Straßenverkehrslärm und Wohnortgrün mit verschiedenen gesundheitlichen Effekten analysiert.

In städtischen Gebieten sind zahlreiche Menschen von Verkehrslärm betroffen. Aus großen internationalen Studien ist bereits bekannt, dass Lärm negative gesundheitliche Auswirkungen haben kann (z.B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen). Obwohl Lärm als Stressauslöser unbestritten ist, ist wenig bekannt über den Zusammenhang von Lärm und depressiver Symptomatik. Deshalb wurden in einer ersten Untersuchung 3.300 Teilnehmer*innen der populationsbezogenen Heinz Nixdorf Recall Studie (Alter zwischen 45–75 Jahren) in Bochum, Essen und Mülheim/ Ruhr untersucht, die zu Beginn der Studie (2000- 2003) keine depressive Symptomatik aufwiesen. Lärm wurde mit Hilfe von Lärmkarten nach Europäischen Richtlinien an der Wohnadresse berechnet. Hohe Lärmbelastung wurde definiert als Jahresmittelwert für 24h-Lärm: >55db(A). Die Ergebnisse zeigen, dass rund 40 % der Teilnehmer*innen einer hohen Lärmbelastung ausgesetzt sind. Nach einem Zeitraum von fünf Jahren entwickelten 9 % der Teilnehmer*innen depressive Symptome. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Teilnehmer*innen, die an Straßen mit hohem Verkehrslärm wohnen (> 55dB(A)), ein 29 % höheres Risiko für die Entwicklung depressiver Symptome haben, als diejenigen, die in vergleichsweise ruhigen Straßen (≤55dB(A)) leben. Zudem zeigte sich, dass Teilnehmer*innen mit geringer Bildung (≤ 13 Jahre) empfindlicher auf Lärm reagierten.

In einer weiteren Analyse wurden Wohnortgrün und subjektive Gesundheit, die Nachbarschaftszufriedenheit sowie wahrgenommene Sicherheit und soziale Beziehungen (soziale Zufriedenheit, Nachbarschafts-Sozialkapital) im Zusammenhang mit dem Auftreten von Depression genauer untersucht. Hierfür wurden ebenfalls die Datenbasis der Heinz Nixdorf Recall Studie verwendet. Wohnortgrün wurde über den Normalized Difference Vegetation Index (NDVI) in einem 100m-Umkreis der Wohnadresse aus Satellitenbilddaten berechnet. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass der NDVI positiv mit Nachbarschaftszufriedenheit und hohem Nachbarschafts-Sozialkapital assoziiert ist. Eine schlecht eingeschätzte Gesundheit war hingegen negativ mit Nachbarschaftszufriedenheit und Nachbarschafts-Sozialkapital assoziiert. Insgesamt tragen diese Ergebnisse dazu bei, den Zusammenhang zwischen gebauter und sozialer Umwelt und Gesundheit besser zu verstehen und mit empirischen Daten zu belegen.