Immunologie, Infektionskrankheiten und Transplantation

Das Immunsystem hat unterschiedliche Mechanismen entwickelt, um auf eine Vielzahl von Pathogenen wie Viren und Bakterien reagieren zu können, Krankheiten zu verhindern und das Fortbestehen des Erregers im infizierten Organismus zu verhindern. Viele Krankheitserreger haben jedoch ihrerseits Mechanismen entwickelt, um der Immunabwehr zu entgehen. Im Rahmen dieses Programms werden die molekularen und zellulären Wechselwirkungen von Krankheitserregern mit dem Immunsystem untersucht mit dem Ziel, grundlegende Mechanismen dieser Wechselwirkungen zu verstehen und daraus neue Strategien für die Immuntherapie oder die Vakzinierung abzuleiten. Im Bereich der Transplantationsforschung ist die Forschung auf immunogenetische Forschung und Diagnostik ausgerichtet, um die Auslösung der Immunantwort zu verstehen, Abstoßungsreaktionen zu vermeiden und die Spender- und Empfängerfindung zu optimieren. Darüber hinaus wird die Differenzierung von Lymphozyten in mehreren Gruppen untersucht. Die beteiligten Forschungsgruppen verfolgen dabei wissenschaftliche und klinische Ansätze. Immunologie und Infektiologie bilden zusammen einen von fünf Forschungsschwerpunkten an der Medizinischen Fakultät der UDE, die sich sowohl deutschlandweit als auch international als forschungsstarker Standort im Bereich der Infektionsforschung positioniert hat.

Helicobacter pylori besiedelt durch spezifische Adhäsin-Rezeptor-Interaktionen das menschliche Magenepithel und ist der Hauptverursacher für Magengeschwüre und Magenkrebsentwicklung. Einen vollkommen neuen Ansatz für die Prävention oder Therapie einer Helicobacter pylori Infektion und der Folgeerkrankungen hat nun eine Forschungsgruppe um PD Dr. Bernhard B. Singer (Institut für Anatomie) mit Kolleg*innen der Technischen Universität München entdeckt. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine Interaktion der Carcinoembyonalen Antigen- Familie (CEACAMs) mit dem bakteriellen Oberflächenmolekül HopQ diagnostisch und therapeutisch genutzt werden und ein potenziell vielversprechendes neues therapeutisches Ziel zur Bekämpfung von H. pylori-assoziierten Erkrankungen darstellen kann.

Die AGs Westendorf (Institut für Medizinische Mikrobiologie) und Epple (Institut für Anorganische Chemie) konnten einen neuen vielversprechenden Ansatz für die lokale und nebenwirkungsarme Therapie chronisch entzündlicher Darmerkrankungen entwickeln. Mit Hilfe von für den Körper unschädlichen Nanopartikeln aus Calciumphosphat und Polylactid-co- Glycolid gelang es, die allgemein instabile siRNA zu stabilisieren und schonend in den entzündeten Dickdarm einzubringen. Diese ist damit vor Ort in der Lage entzündungstreibenden Zytokine TNF-alpha, IP-10 und KC unschädlich zu machen, die an der Entstehung chronisch entzündlicher Darmerkrankungen beteiligt sind. Die Wissenschaftler*innen konnten so im Mausmodell nachweisen, dass die Epithel- und Immunzellen des Darms die siRNA-Nanopartikel lokal aufnehmen und die Arbeit der Zielgene deutlich unterdrücken.

 

Für immungeschwächte Patient*innen, die zusätzlich an einer Schimmelpilzinfektion (Aspergillose) erkranken, ist die frühzeitige und auf die Patient*innen abgestimmte Therapie entscheidend. Wissenschaftler*innen des EU-Konsortiums „MATHIAS“ (New Molecular-Functional Imaging Technologies and Therapeutic Strategies for Theranostic of Invasive Aspergillosis) haben unter maßgeblicher Beteiligung des Teams um Prof. Matthias Gunzer (Instituts für experimentelle Immunologie und Bildgebung) ein neues, vielversprechende Diagnoseverfahren entwickelt und im Krankheitsmodell erfolgreich getestet. Hierbei wird ein Bildgebungsverfahren eingesetzt, das die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) mit der Magnetresonanztomographie (MRT) kombiniert. Mit Hilfe von radioaktiv markierten Antikörpern, die sich nur an bestimmte Strukturen des wachsenden Schimmelpilzes heften, wird die Erkrankung sichtbar gemacht. Aufgrund der Antikörper-basierten Bildgebung lässt sich dabei ausschließen, dass es sich bei auffälligen Strukturen in der Lunge um bakterielle oder virale Infektionen handelt. Die damit mögliche schnelle und zuverlässige Diagnose stellt eine potentielle Alternative zur bisherigen schmerzhaften und mitunter gefährlichen Diagnosemethode dar.

 

Ende 2016 wurde das erste Institut für HIVForschung in Deutschland in der Medizinischen Fakultät am UKE eröffnet. Die wissenschaftliche Leitung hat Prof. Hendrik Streeck, international renommierter Experte für die fatale Immunschwäche- Krankheit, inne. Langfristiges Ziel des neuen Instituts ist die Entwicklung eines HIVImpfstoffes. Dies soll sowohl auf nationaler Ebene durch die bundesweite Vernetzung der Impfstoff- Forscher*innen als auch auf internationaler Ebene geschehen; die UDE-Wissenschaftler*innen arbeiten deshalb eng mit Partnern in den USA, Afrika und Thailand zusammen, um neuartige Impfstoffe zu entwickeln und in frühen Phasen zu testen. Weitere Kooperationen, welche die Zusammenarbeit bündeln und Synergien schaffen, bestehen mit der Deutschen AIDS-Stiftung, der Schreiter Stiftung und durch das Engagement der Bonner Operngala zugunsten der Deutschen AIDS-Stiftung. Auf der Suche nach einem HIVImpfstoff konnte die AG Streeck erstmals eine kleine Population körpereigener, sogenannter „T-follikulärer Helferzellen“ (Tfh-Zellen) im Blut auffindbar machen. Diese, normalerweise nur in den Lymphknoten vorkommenden Zellen, erkennen spezifisch HI-Viren und können entsprechende Botenstoffe aussenden. Die Zellen sind maßgeblich daran beteiligt, Signale protektiver Antikörperantworten auszulösen und so einen Schutz vor dem Virus aufbauen. Sind diese Signale verstanden und steuerbar, können gezielt Impfstoffe entwickelt werde.

Auswahl aktueller Forschungsprojekte

  • ‚‚Wie Viren es schaffen, im Wirtskörper zu überleben und der Abwehr durch das Immunsystem zu entkommen, erforschen Wissenschaftler*innen aus Duisburg-Essen, Wuhan, Bochum und Shanghai im Sonderforschungsbereich Transregio 60 SFB/TRR 60 „Mutual interaction of chronic viruses with cells of the immune system: from fundamental research to immunotherapy and vaccination“. Gemeinsames Ziel aller beteiligten Institute aus Medizin, Biologie und Chemie ist es, Medikamente und Impfstoffe zu entwickeln, die in der Lage sind, „Bremsmechanismen“Für immungeschwächte Patient*innen, die zusätzlich an einer Schimmelpilzinfektion (Aspergillose) erkranken, ist die frühzeitige und auf die Patient*innen abgestimmte Therapie entscheidend. Wissenschaftler*innen des EU-Konsortiums „MATHIAS“ (New Molecular-Functional Imaging Technologies and Therapeutic Strategies for Theranostic of Invasive Aspergillosis) haben unter maßgeblicher Beteiligung des Teams um Prof. Matthias Gunzer (Instituts für experimentelle Immunologie und Bildgebung) ein neues, vielversprechende Diagnoseverfahren entwickelt und im Krankheitsmodell erfolgreich getestet. Hierbei wird ein Bildgebungsverfahren eingesetzt, das die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) mit der Magnetresonanztomographie (MRT) kombiniert. Mit Hilfe von radioaktiv markierten Antikörpern, die sich nur an bestimmte Strukturen des wachsenden Schimmelpilzes heften, wird die Erkrankung sichtbar gemacht. Aufgrund der Antikörper-basierten Bildgebung lässt sich dabei ausschließen, dass es sich bei auffälligen Strukturen in der Lunge um bakterielle oder virale Infektionen handelt. Die damit mögliche schnelle und zuverlässige Diagnose des Immunsystems zu überwinden und damit Virusinfektionen zu beenden. Die deutschchinesische Zusammenarbeit wurde 2017 mit der Gründung des „Wuhan-Essen Joint Lab of Infection and Immunity“ verstetigt.
  • ‚‚(Nachwuchs-)Wissenschaftler*innen aus unterschiedlichen Bereichen der Infektiologie und Immunologie arbeiten gemeinsam im DFG Graduiertenkolleg 1949 „Immunantwort in Infektionskrankheiten – Regulation zwischen angeborener und erworbener Immunität“. Unter Sprecherschaft von Prof. Astrid Westendorf befasst sich das Kolleg mit der Fragestellung, wie sich angeborene und erworbene Immunantwort gegenseitig beeinflussen.
  • ‚‚Im Zentrum des Graduiertenkollegs GRK 2098 „Biomedizin des saure Sphingomyelinase/saure Ceramidase Systems“ unter der Leitung von Prof. Erich Gulbins (Institut für Molekularbiologie) stehen die Sphingolipide. Die Promotionsprojekte konzentrieren sich auf den saure Sphingomyelinase (Asm)/ceramide/saure Ceramidase (Ac)/Sphingosin/Sphingosin kinase (SPK)/sphingosin-1-phosphat (S1P)-Pfad und untersuchen die Bedeutung dieses Pfads bei entzündlichen Erkrankungen, Infektionskrankheiten, Krebserkrankungen oder Herz-Kreislauf- Erkrankungen. Alle Projekte übersetzen die Grundlagenforschung durch präklinische Projekte in klinische Anwendungen.
  • ‚‚Neben dem Graduiertenkolleg befasst sich auch eine seit 2014 geförderte DFG-Forschergruppe mit Funktionen der Sphingolipide. Gemeinsam mit Wissenschaftler*innen in Würzburg und Potsdam untersuchen die Gruppen um Prof. Erich Gulbins (stellv. Sprecher) und Dr. Heike Grassmé (Institut für Molekularbiologie) im Rahmen der FOR 2123 „Sphingolipid dynamics in infection control“, die Rolle von Sphingolipiden bei der Infektion von Wirtszellen durch Pathogene, insbesondere Bakterien. Zum 1. Juli 2017 wurde die FOR 2123 durch die DFG verlängert. Betrachtet werden Arbeiten im Bereich der Analyse molekularer Infektionsmechanismen bis zu präklinischen Anwendungen zur Prävention von Pneumonien.
  • ‚‚Im European Network of Investigators „Triggering Exploratory Research on Myeloid Regulatory Cells – Mye-EUNITER“, das durch die EU gefördert und von Prof. Sven Brandau (Immunologie, HNO-Klinik) koordiniert wird, widmen sich 100 Wissenschaftler*innen aus 25 europäischen Ländern den sogenannten regulatorischen myeloischen Zellen, einer Untergruppe der weißen Blutkörperchen. Es zielt auf eine systematische und standardisierte Analyse dieser Zellen hinsichtlich charakteristischer Merkmale und Funktionen von Subpolulationen in Physiologie und Pathophysiologie ab. Dabei soll ein Standard für gemeinsame Protokolle und harmonisierende Richtlinien für die Analyse und klinische Überwachung von MRCs geschaffen werden, um die Bedeutung dieser Zellen in verschiedenen Erkrankungen wie Krebs, HIV, Hepatitis oder Schuppenflechte unter einheitlichen Bedingungen zu analysieren und zu verglichen. Das langfristige Ziel ist, die Voraussetzung für den Einsatz regulatorischer myeloischer Zellen als Biomarker für Krankheitszustände zu schaffen und neuartige Therapien zu entwickeln, die auf einer gezielten funktionellen Beeinflussung dieser Zellen beruhen.

Molekulare und chemische Zellbiologie

Die Aufklärung krankheitsrelevanter molekularer Mechanismen bleibt trotz enormer Fortschritte auf dem Gebiet der systemweiten Datenerfassung und der präzisen Manipulation des Erbguts die entscheidende Herausforderung für die biomedizinische Grundlagenforschung im 21. Jahrhundert. Der Forschungsschwerpunkt Molekulare und Chemische Zellbiologie verfolgt die Aufklärung von molekularen Mechanismen wichtiger biologischer Prozesse mit Hilfe moderner zellbiologischer und biochemischer Methoden. Die zugrundeliegende Philosophie dabei ist, dass ein tiefgehendes mechanistisches Verständnis fundamentaler zellulärer Vorgänge Voraussetzung ist, um pathologische Veränderungen zu verstehen, zielgerichtete innovative Ansatzpunkte für Therapien zu identifizieren und neue Medikamente zu entwickeln.

Dieses Forschungsprogramm erfordert ein hohes Maß an Interdisziplinarität, für die das ZMB durch die Verbindung von Biologie, Chemie und Medizin ‚unter einem Dach‘ hervorragende Voraussetzungen bietet. Eine zentrale Aufgabe des Programms Molekulare und chemische Zellbiologie besteht in der Analyse von zellulären Signalwegen und von molekularen Schaltern (Proteinkomplexe), die an Entscheidungspunkten der Signalvermittlung die Ausrichtung nachgeschalteter Prozesse steuern. Im besonderen Fokus stehen dabei Signalwege, die die Zellproliferation kontrollieren, sowie molekulare Regulationsmechanismen des Zellzyklus. So konzipiert z.B. die Chemie neue Ansatzpunkte für die detaillierte Analyse molekularer Mechanismen, Signalwegen und die Funktionsweise von molekularen Schaltern durch die Bereitstellung spezifischer Moleküle, die akut und selektiv in molekulare Prozesse und Strukturen eingreifen.

In den vergangenen Jahren hat sich der Schwerpunkt Molekulare und Chemische Zellbiologie konsequent und gezielt zu einem institutionellen Schwerpunkt entwickelt. Dies geschah wesentlich durch die interdisziplinäre Bearbeitung der Forschungsprogrammatik in Medizin, Biologie und Chemie zwischen Campus Essen und dem UKE sowie die strategische Berufungspolitik ausgewiesener Expert*innen. Zu nennen sind beispielhaft die Fakultäten-übergreifenden Berufungen der letzten Jahre, die wesentlich zu einer Fokussierung hin auf die hier vorgeschlagene Forschungsprogrammatik beigetragen habe.

Wie Moleküle wichtige physiologische Prozesse steuern, ist ein zentrales Forschungsthema von Prof. Elsa Sánchez-García, die 2017 auf die Professur für Computational Biochemistry an der Fakultät für Biologie berufen wurde. Die mehrfach ausgezeichnete theoretische Chemikerin befasst sich mit Molekularen Wechselwirkungen in Chemischen und Biologischen Systemen und ist damit Teil des Schwerpunktes Molekulare und chemische Zellbiologie. Methodisch greift Prof. Sánchez-García auf Computersimulationen zurück, entwickelt Modelle für die untersuchten chemischen und biochemischen Prozesse und erarbeitet daraus Vorschläge für die experimentellen Kooperationspartner*innen. Wenn mehr über die Wechselwirkungen zwischen Molekülen bekannt ist (z.B. Proteinen oder Arzneistoffen), könnten u.a. pathologische Vorgänge besser verstanden und behandelt werden.

Forscher*innen um Prof. Perihan Nalbant (Molekulare Zellbiologie) und PD Dr. Leif Dehmelt (TU Dortmund/Max-Planck-Institut für Molekulare Physiologie) identifizierten einen molekularen Mechanismus, mit dem menschliche Zellen die elastischen Eigenschaften ihrer Umgebung ertasten können. So können mit Hilfe eines zelleigenes Signalnetzwerk, das an den entsprechenden Stellen ein- bis zweiminütige Aktivitätspulse produziert, lokale Kontraktionen erzeugt werden. Die Forscher*innen fanden heraus, dass die gemessene Häufigkeit der Kontraktionspulse durch die Elastizität der Zellumgebung beeinflusst wird.

Eine sehr aktuelle und zukunftsweisende Disziplin ist die DNA-Nanotechnologie, die im Fokus der von Dr. Barbara Saccà geleiteten Gruppe Bionanotechnology steht. Ein aktueller Forschungsschwerpunkt der Gruppe Saccà betrifft die Entwicklung von DNA-basierten Nanocontainern für die gezielte Beladung mit Proteinen. Wie nun gemeinsam mit den ZMB-Kolleg*innen Ehrmann, Barcikowski und Sánchez-García gezeigt werden konnte, erlaubt es die chemische Modifikation der inneren Kavität solcher DNANanocontainer mit regio-selektiven Liganden, Proteine gezielt in einem DNA-Container „einzufangen“, ohne die Eigenschaften oder Funktionen des Proteins durch die räumliche Einpassung in die erzeugte Mikrostruktur zu verändern. Dies eröffnet zukünftig Möglichkeiten, Proteine, für die es bisher keine herkömmlichen Wirkstoffe gibt, gezielt in der Zelle zu isolieren und hier Signalwege (auch krankhafte) zu beeinflussen.

Für S1-Serinproteasen, eine der größten und biologisch relevantesten Proteasefamilien, gibt es trotz ihrer biomedizinischen Bedeutung bisher nur eine geringe Zahl generischer Ansätze zur Herstellung potenter, bioaktiver, S1-Enzymfamilien- spezifischer und nicht-kovalenter Inhibitoren. Die Arbeitsgruppen um Prof. Markus Kaiser und Prof. Michael Ehrmann konnten nun zeigen, dass Ahp-Cyclodepsipeptide geeignete Gerüststrukturen zur Bildung maßgeschneiderter Serinprotease-Inhibitoren sind, wie durch die Entwicklung der bisher potentesten Inhibitoren für die humanen HTRA-Proteasen demonstriert wurde.

Die AGs von Prof. Hemmo Meyer und Prof. Matthias Epple berichten, wie Nanopartikel als Träger für den Transport von Biomolekülen wie Proteinen und synthetischen Molekülen durch die Zellmembran genutzt werden können. So konnte das rot fluoreszierenden Modellprotein R-phycoerythrin (R-PE) mit Hilfe von Calciumphosphat-Nanopartikeln von den untersuchten Zelllinien aufgenommen werden, während ohne den verwendeten Träger keine Aufnahme beobachtet wurde. In allen Zelllinien konnte das Protein aufgrund seiner roten Fluoreszenz als intakt und funktionsfähig nachgewiesen werden, in einigen Zelllinien war jedoch nach wenigen Stunden anhand der abnehmenden roten Fluoreszenzintensität die Proteolyse zu beobachten. In Gegenwart von Bafilomycin A1, einem Inhibitor der Versauerung und des Proteinabbaus in Lysosomen, blieb die Fluoreszenz von R-PE über den gesamten Beobachtungszeitraum in den untersuchten Zelllinien intakt. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass trotz einer effizienten, durch Nanopartikel vermittelten Aufnahme von Proteinen durch Zellen ein schneller endolysosomaler Abbau den erwünschten (z.B. therapeutischen) Effekt eines Proteins in einer Zelle verhindern kann.

Die Gruppe um UDE-Honorarprofessor und ERC-Preisträger Prof. Andrea Musaccio am MPI für Molekulare Physiologie in Dortmund untersucht die molekularen Mechanismen der Chromosomensegregation. Der Fokus liegt auf großen makromolekularen Komplexen, die als Kinetochore bezeichnet werden und aus mehr als 30 Untereinheiten bestehen. Ihre primäre Aufgabe ist es, physikalische Bindungen zwischen Chromosomen und der mitotischen Spindel herzustellen, um die korrekte Verteilung der Chromosomen von der Mutterzelle auf die beiden Tochterzellen bei der Zellteilung zu gewährleisten. Kinetochore kontrollieren auch den Zellzyklus-Kontrollpunkt (Checkpoint), der als Spindel-Kontrollpunkt (Spindel Assembly Checkpoint, SAC) bezeichnet wird und dessen primäre Aufgabe darin besteht, den Ablauf des Zellzyklus aufzuhalten, wenn die Bindung der Chromosomen an die Spindel verzögert oder, hervorgerufen durch Wirkstoffe von außen, entgleist ist (zum Beispiel kleine Moleküle, die die mitotische Spindel zerstören). Das primäre Ziel des Musacchio-Labors besteht darin, das Kinetochor und die SAC-Funktion in vitro aus den gereinigten Komponenten zu rekonstituieren. Auch in den vergangenen zwei Jahren hat die Gruppe große Fortschritte auf dem Weg zur Erreichung dieses Ziels gemacht.

Die molekularen Mechanismen, die einer präzisen Chromosomensegregation zu Grunde liegen sowie die Analyse von Struktur, Funktion und Regulation des Kinetochors stehen auch im Mittelpunkt der Forschung von Prof. Stefan Westermann. Sein Forschungsinteresse gilt der Frage, wie dynamische Elemente des Zytoskeletts einer Zelle, die Mikrotubuli, kontrollierte Bewegungen von Chromosomen erzeugen können. Hierzu werden der molekulare Aufbau des Kinetochors und die Bindungsmechanismen zum mitotischen Spindelapparat, zum Beispiel über sogenannte Motor-Proteine, analysiert. Zuletzt konnte gezeigt werden, dass ein kraftinduzierter Richtungsschalter eines molekularen Motors die Bildung paralleler Mikrotubulibündel – unerlässlich für den intrazellulären Transport, die Regulation der Zellpolarität und das Wachstum – nach anfänglichem isotropen Wachstum, ermöglich.

Dass die Funktionalisierung des tetrakationischen zyklischen Peptids (Ka)4 mit einem schwach basischen, aber hocheffizienten Arginin-Analogon wie Guanidiniocarbonylpyrrol (GCP) die Selbstorganisations- Eigenschaften des genannten Peptids vollständig verändert und damit die Bildung einer neuen Klasse sehr effizienter künstlicher Gentransfektionsvektoren ermöglicht, konnte von den AGs Schmuck (Supramolekulare Chemie) und Knauer (Molekularbiologie II) gezeigt werden. Im Gegensatz zum nicht funktionalisierten und nicht selbstassemblierenden Peptid 2, bildet das GCP-haltige Peptid 1 kationische Nanofasern mit Mikrometerlänge. Diese so gebildeten Aggregate können aufgrund der DNA-Bindung an ihre kationische Oberfläche in Zellen transportieren werden und bieten damit neues Potential für die Entwicklung neuer Gentherapien.

Auswahl aktueller Forschungsprojekte

  • ‚‚In die nächste Förderphase geht der Sonderforschungsbereich SFB 1093 „Supramolekulare Chemie an Proteinen“ unter der Sprecherschaft von Prof. Thomas Schrader (Organische und Supramolekulare Chemie). Die bisherigen 15 Arbeitskreise aus Chemie, Biologie und Medizin werden durch drei neue Arbeitsgruppen ergänzt, darunter die ZMB-Mitglieder Prof. Voßkuhl und Prof. Westermann. Im Zentrum steht die Herstellung großer Moleküle mit chemischen Methoden, die als ‚Greifwerkzeuge für Eiweißmoleküle‘ konzipiert sind, mit deren Hilfe biochemische Mechanismen analysiert werden.
  • Für Fragestellungen im Bereich der Klinischen und Molekularen Genetik interessiert sich das von Prof. Bernd Horsthemke geleitete Institut für Humangenetik. Im bundesweiten Kontext leitet Prof. Horsthemke das BMBF-Projekt „Network Imprinting Diseases“, das 2015 in die 2. Förderphase startete. Zudem ist die Gruppe im „Deutschen Epigenom-Programm“ (DEEP) und im „Chromatin-Net – Netzwerk für kognitive Störungen durch veränderte Chromatindynamik“ des BMBF vertreten.
  • Die interdisziplinäre Verknüpfung des ZMB als Verkörperung des Profilschwerpunkts Biomedizinische Wissenschaften wird des Weiteren auch durch die ZMB-Mitglieder Barcikowski, Epple, Knauer, Sacca, Schlücker und Schmuck dokumentiert, die ebenfalls dem ,Centre for Nanointegration‘ (CENIDE) angehören und dort ihre Expertise in den Schwerpunkt NanoBioMaterialien (s.S. 19) einbringen.