Ganz schön platt – von dünnen Schichten bis zu 2D-Materialien

Zweidimensionale magnetische Halbleiter

Die laufenden theoretischen Forschungsaktivitäten zu neuartigen zweidimensionalen Materialien in der Arbeitsgruppe von Prof. Peter Kratzer haben kürzlich Materialien mit magnetischen Eigenschaften ins Blickfeld genommen. Ein bekannter Vertreter dieser Materialklasse ist Chromiodid CrI3. Ein Stapel aufgebaut aus atomar dünnen Einzellagen, die in der gleichen oder aber in unterschiedlichen Richtungen magnetisiert sind, könnte in Zukunft als äußerst kompakte magnetische Informationsspeicher Anwendung finden. Elektrischer Strom, der senkrecht zu den Lagen fließt, kann aufgrund des variablen elektrischen Widerstands zum Auslesen der gespeicherten Information verwendet werden. Durch ein spezielles Berechnungsverfahren ist es Mitgliedern der AG Kratzer gelungen, sowohl die magnetische Wechselwirkung zwischen den Lagen als auch das Verhältnis der Widerstände bei gleicher bzw. gegenläufiger Magnetisierung der Atomlagen im Einklang mit den experimentellen Daten zu modellieren. Der somit erzielte Erfolg könnte als Ausgangspunkt dienen, um künftig Alternativkandidaten für gewünschte Anwendungen, d.h. Materialien mit veränderter chemischer Zusammensetzung und dadurch verbesserter magnetischer Funktionalität zu identifizieren.

Nanoskalige Materialien für die Energiekonversion

Die Arbeitsgruppe von Prof. Rossitza Pentcheva nutzt Hochleistungs-Rechensysteme für die parameterfreie quantenmechanische Modellierung neuartiger Materialien für Anwendungen in elektronischen Bauelementen und in der Energieumwandlung.

Im Rahmen des SFB/TRR80 wird das Auftreten neuer elektronischer Phasen an Übergangsmetalloxid-Grenzflächen untersucht. Hierzu zählen topologisch nichttriviale Zustände in Oxidübergittern mit Honigwaben-Muster oder ultradünne Filme, die unter extremen Verspannungen drastisch ihre Eigenschaften ändern, z.B von einem ferromagnetischen Metall zu einem antiferromagnetischen Isolator. Des Weiteren wird erforscht, wie sich die thermoelektrischen Eigenschaften durch Ausnutzung von reduzierten Dimensionen, z.B. in Oxidheterostrukturen verbessern lassen, was zu einem Europäischen Patent geführt hat. Im SFB/TRR247 werden Anodenmaterialien für die Wasserspaltung durch gezielte Modifikation von Strukturmotiven, chemischer Zusammensetzung und Defekten optimiert. Die Modellierung der Propagation von Laseranregungen auf ultrakurzer Zeitskala durch Metall-Isolator Grenzflächen und die akkurate Beschreibung von spektroskopischen Eigenschaften mittels Vielteilchentheorie sind Gegenstand der Forschung im SFB 1242. Nicht zuletzt im neu eingerichteten SFB/TRR 270 wird untersucht, wie die Kopplung von Magnetismus und Gitter die Effizienz magnetokalorischer Materialien steigern kann.

Dünne Materialien: Graphen

Ultradünne Materialien haben Konjunktur. Während sie kurz nach ihrer Entdeckung vor allem in den Grundlagenwissenschaften Furore machten, rücken die nur wenige Atomlagen dicken Schichten zunehmend in den Fokus anwendungsorientierter Forschung. Die europäische Union hat diese Potential früh erkannt und 2013 das Graphene Flagship ins Leben gerufen. Innerhalb des Flagships ist es jetzt einer Kollaboration aus Forschern der TU Delft (AG Steeneken), der Université Basse Normandie und der Arbeitsgruppe von Prof. Marika Schleberger (UDE) gelungen, einen auf Graphen basierenden Drucksensor zu bauen, der es erlaubt, Gase mit höchster Präzision zu detektieren. Ein kleines Gasreservoir wird dazu mit einer Graphenlage mit einer Dicke von weniger als einem Nanometer verschlossen und dann mit definierten Poren versehen. Die Besonderheit des Sensors ist, dass der Nachweis nicht auf chemischen Reaktionen beruht, sondern auf der Permeationszeit von Gasen durch die poröse Graphen-Membran, die zugleich als Gaspumpe und als Drucksensor fungiert. Die Idee ist simpel: Leichte Gase sind schneller und entkommen damit auch schneller aus dem durch die Membran abgeschlossenen Reservoir als schwere Gase. Die Vorteile im Vergleich zu konventionellen Sensoren sind vielfältig: der vorgestellte Sensor ist extrem klein, schnell, energiesparend und dennoch sehr empfindlich.

Solarzellen der nächsten Generation

Materialeinsparung und effektivere Lichtumwandlung sind Schlüsselthemen in der Photovoltaik. Die AG von Prof. Martina Schmid arbeitet daher an Dünnschichtsolarzellen der nächsten Generation, die ultra-klein oder ultra-dünn sind und in Kombination mit optischen Konzepten trotzdem effektiv das Sonnenlicht einsammeln. Insbesondere wurden bei den ultra-dünnen Solarzellen mit einem Absorber aus Cu(In,Ga)Se2, aufgebracht auf einem transparenten Substrat, wichtige Fortschritte gemacht. So konnte für eine Absorberschichtdicke von weniger als 500 nm ein Wirkungsgrad von knapp 13 % erreicht werden, was auch bisherige Werte anderer Forschungsgruppen übertrifft. Zusammen mit nano- und mikrooptischen Konzepten zur gezielten Lichtsammlung wird eine weitere Verbesserung erwartet. Utra-dünne Solarzellen auf transparentem Rückkontakt eröffnen eine Vielzahl von Anwendungen für Hocheffizienzkonzepte, aber auch im ästhetischen Bereich der Gebäudeintegration.

Die dünnsten Schichten der Welt

In der AG von Prof. Michael Horn-von Hoegen wird neben ultraschneller struktureller Dynamik an Oberflächen von Festkörpern auch das Wachstum der dünnsten Schichten der Welt studiert. Dabei werden sogenannte 2D-Materialien als ein einziges Atom dicke Schichten hergestellt, die gegenüber dem Volumen ganz neuartige Eigenschaften aufweisen. Dabei gelang es den Forscher*innen, einen neuen Wachstumsmodus für einlagiges Bor, sogenanntes Borophen, zu entschlüsseln, der auch für andere Materialien von Bedeutung ist: Bor-Atome werden bei hohen Temperaturen nach Zersetzung eines Bor-haltigen Precursors im metallischen Substrat gelöst, segregieren beim Abkühlen an die Oberfläche und bilden dann eine perfekte ein Atom dicke Bor-Lage. Dabei agiert das Bor als Surfactant („surface active agent“) und glättet die Metallunterlage, um somit als möglichst perfekte Schicht wachsen zu können.