Forschungshöhepunkte 2019/2020

Folgende Forschungshöhepunkte der letzten zwei Jahre geben einen Einblick in die vielfältigen Forschungsaktivitäten und die Pluralität der Förderinstrumente an unserer Fakultät:

ERC Consolidator Grant „The Ties that Bind“– Untersuchung politischer Solidarität in europäischen Demokratien

Unter dem Titel „The Ties that Bind: Experimental Analyses of Political Solidarities in Modern European Democracies (POLITSOLID) untersucht Prof. Achim Goerres (IfP), warum manche Bürger*innen in europäischen Staaten ein hohes Maß an Bereitschaft zeigen, die Kosten staatlicher Umverteilung zugunsten anderer zu tragen und andere nicht. Das Projekt zielt darauf ab, mit Hilfe experimenteller Methoden multiple politische Solidaritäten zu modellieren, die sowohl die individuelle als auch die Makro-Ebene umfassen, um so zu besseren Voraussagen über das Verhalten der Bürger*innen zu gelangen. Das Projekt wird vom European Research Council von 2020 bis 2025 mit zwei Millionen Euro gefördert. Damit erhielt erstmalig ein politikwissenschaftliches Projekt in Deutschland einen Consolidator Grant.

DFG-Projekt „Rollenwandel und Rollenkontestationsprozesse in der VR China: Globalisierung ‚chinesischer‘ Ordnungskonzeptionen?“

Das Forschungsprojekt von Prof. Nele Noesselt (IfP) beleuchtet die globalen Implikationen, die aus den institutionellen Reformen und der Neuausrichtung des chinesischen Entwicklungsweges seit 2013 resultieren. Das Projekt wird zwischen 2014 und 2024 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit 585.000 Euro gefördert.

BMBF-Verbundprojekt „Radikaler Islam versus radikaler Anti-Islam (RIRA). Gesellschaftliche Polarisierung und wahrgenommene Bedrohungen als Triebfaktoren von Radikalisierungs- und Co-Radikalisierungsprozessen bei Jugendlichen und Post-Adoleszenten“

In den letzten Jahren lässt sich in Deutschland eine Polarisierung in der Gesellschaft feststellen, die mit wechselseitigen Abstoßungsprozessen verschiedener sozialer Gruppen verknüpft ist. Bedrohungswahrnehmungen zwischen Sozialgruppen gehen mit gruppenbezogenen Vorurteilen einher. Eine besondere Bedeutung kommt in diesen Prozessen der (wahrgenommenen) Bedrohung durch den radikalen Islam zu. Diese schafft in der deutschen Gesellschaft die Gelegenheitsstruktur für eine reziproke Spirale potentieller Radikalisierung, insbesondere bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Das beantragte Projekt untersucht auf inter- und transdisziplinäre, interreligiöse sowie multimethodische Weise empirisch gestützt bislang nicht im Zusammenhang betrachtete gesellschaftliche Aspekte einer Radikalisierungsspirale und erarbeitet auf der Basis dieser Ergebnisse Präventionsmaßnahmen für den Bildungsbereich. Das von Prof. Susanne Pickel (IfP) geleitete Verbundprojekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung zwischen 2020 und 2024 mit insgesamt 2.470.000 Euro gefördert.

EU-Verbundprojekt „SEnECA – Strengthening and Energizing EU-Central Asia Relations im Horizon 2020-Programm der EU“

Unter der Leitung von Prof. Michael Kaeding (IfP) und Dr. Karin Böttger (Direktorin des Instituts für Europäische Politik (IEP), Berlin) verfolgte das internationale Konsortium mit insgesamt zwölf Partnerorganisationen aus beiden Regionen (EU und Zentralasien) drei konkrete Zielsetzungen. Erstens wurde ein transdisziplinäres Netzwerk von Wissenschaftler*innen geschaffen, die in Zentralasien zu europäischer Integration und in Europa zu Zentralasien arbeiten. Zweitens begleiteten die Wissenschaftler*innen die Überarbeitung der EU-Zentralasienstrategie. Drittens trugen die Projektpartner dazu bei, dass die bisherigen Beziehungen ausgebaut werden können. Das Projekt SEnECA – Strengthening and Energizing EU-Central Asia Relations wurde über das Programm Horizon 2020 für den Zeitraum 2018 bis 2019 über zwei Jahre mit 1,5 Millionen Euro von der EU gefördert.

DFG-Projekt „German Emigration and Remigration Panel Study“ (GERPS) in Kooperation mit dem Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung

In Kooperation mit dem Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB), Wiesbaden, führt Prof. Marcel Erlinghagen (IfS) am Beispiel der Auswanderung aus Deutschland und der Rückwanderung nach Deutschland eine groß angelegte empirische Studie zu den individuellen Konsequenzen internationaler Migration für den weiteren Lebensverlauf durch. Das Projekt untersucht die Konsequenzen internationaler Migration in Anlehnung an klassische Differenzierungen der Sozialstrukturanalyse und der Ungleichheitsforschung. Das Projekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) von 2018 bis 2021 mit 1,1 Millionen Euro gefördert.

DFG-Projekt „Organisieren von Kreativität unter regulatorischer Unsicherheit: Alternative Ansätze zum Immaterialgüterrecht“

Regulatorische Unsicherheit in Verbindung mit Intellectual Property (IP) Rechten ist in kreativen und innovativen Prozessen allgegenwärtig. IP-Rechte sollten ursprünglich Kreativität fördern, indem sie kreativ Schaffenden Urheberrechte und Patente gewährten, unverlässliche Erwartungen über zukünftige Erlöse zu ermöglichen. Vermehrt stellen diese Rechte jedoch Quellen der Unsicherheit dar. Diese Studie untersucht, wie Akteure in der Praxis kreativer Prozesse IP-verbundene Unsicherheit bewältigen, wobei eine empirische und konzeptuelle Mikrofundierung dieser Gegenkräfte angestrebt wird. Die Studie von Prof. Sigrid Quack (IfS) ist Teil der DFG-Forschungsgruppe „Organized Creativity“, die von Prof. Jörg Sydow (Freie Universität Berlin) koordiniert und von 2016 bis 2020 mit 218.342 Euro gefördert wird.

DFG-Projekt „Familienmodelle in Deutschland (FAMOD)“

Das Projekt von Prof. Anja Steinbach (IfS) untersucht die Lebenswelten von Müttern, Vätern und Kindern in diversen Familienformen und dabei insbesondere das Wohlbefinden der einzelnen Familienmitglieder. In einer groß angelegten, standardisierten Untersuchung werden die Mitglieder von insgesamt 1.500 Familien befragt, die in verschiedenen Familienmodellen leben. In Kooperation mit Prof. Tobias Helms (Universität Marburg) werden sowohl familiensoziologische als auch rechtliche Fragestellungen untersucht. Das Projekt wird von der DFG von 2018 bis 2021 mit 960.000 Euro gefördert, der Folgeantrag wurde soeben bewilligt.

DFG-Forschungsgruppe „Mikrosimulation zur Vorhersage der Wirkung politischer Maßnahmen durch statistische Simulationstechniken“

Im sektorenübergreifenden kleinräumigen Mikrosimulationsmodell (MikroSim) wird z.B. danach gefragt, wo schon jetzt oder demnächst in Deutschland der Pflegenotstand droht; ob die Landflucht ländliche Gegenden verarmen lässt und in welchem Ausmaß eine ausgebaute digitale Infrastruktur dem entgegenwirken kann. Neben dem Pflegebedarf und der Integration von Migrant*innen in den Arbeitsmarkt kann MikroSim auch etwa den Ärztenotstand oder die Einkommensentwicklung in Deutschland analysieren. Die von Prof. Johannes Kopp (Trier) als Sprecher vertretene Forschungsgruppe unter Beteiligung von Prof. Reiner Schnell (Vize-Sprecher) und Prof. Petra Stein (beide IfS) wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) von 2018 bis 2021 mit 2 Millionen Euro gefördert.

NRW-Rückkehrprogramm „Der Einfluss sozialer Probleme auf politische Integration in Deutschland und in vergleichender Perspektive“

Als erster Sozialwissenschaftler überhaupt konnte Prof. Paul Marx (IfSO) im Rahmen des NRW-Rückkehrprogramms für die Universität Duisburg-Essen gewonnen werden. Zuvor war er an der süddänischen Universität in Odense beschäftigt, wo er zu den politischen Ursachen und Folgen von Arbeitsmarktwandel forschte. Im Rahmen des vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft NRW über eine Laufzeit von fünf Jahren mit rund 1,2 Mio. Euro geförderten Forschungsprojekts „Der Einfluss sozialer Probleme auf politische Integration in Deutschland und in vergleichender Perspektive“ beschäftigt sich Prof. Marx mit der politischen Integration von Menschen mit sozioökonomischen Problemen und der Frage wie Armut, Arbeitslosigkeit und Unsicherheit zu politischer Apathie oder Radikalisierung beitragen.

Forschungsgruppe „Migration und Sozialpolitik“ (MigSoz)

Die von Prof. Ute Klammer verantwortete und inhaltlich von Dr. Thorsten Schlee (beide IAQ) geleitete Nachwuchsgruppe erforscht, wie Kommunen und lokale Akteure auf Fluchtzuwanderung reagieren und wie Geflüchtete die lokalen Strukturen (nicht) nutzen. Die Gruppe ist das Dach für je zwei Habilitations- und zwei Dissertationsvorhaben am IfP sowie am IfS. Die Einzelprojekte fokussieren sich auf unterschiedliche sozialpolitische Felder (Arbeit, Bildung und Gesundheit) und untersuchen unterschiedliche Teilpopulationen (geflüchtete Frauen, Personen aus Subsahara-Afrika, Geflüchtete mit Substanzkonsum). Die Nachwuchsgruppe wird vom BMAS-Fördernetzwerk Interdisziplinäre Sozialpolitikforschung zwischen 2017 und 2022 mit insgesamt 1.125.000 Euro gefördert.

DSF-Projekt Parteienwettbewerb und kollektive dschihadistische Radikalisierung in Subsahara-Afrika

Die regionalspezifischen „Ermöglichungsbedingungen“ kollektiver Radikalisierung und der damit verbundenen Entstehung dschihadistischer Milieus sind bereits weitgehend erforscht. Zu ihnen zählen unter anderem der post-koloniale Aufstieg eines puritanischen, salafistisch orientierten Reformislams, die sozio-ökonomische und politische Marginalisierung muslimischer Bevölkerungsgruppen sowie vorbestehende säkulare Polarisierungsdynamiken. Dagegen sind Exploration und Erklärung potentieller „Nichtradikalisierungspfade“ bislang eher vernachlässigt worden. Das Projekt von Prof. Christof Hartmann (INEF) bearbeitet diese Forschungslücke, indem es das präventive Potential von Parteienwettbewerb in ausgewählten Ländern Subsahara-Afrikas untersucht. Das Projekt wird von der Deutschen Stiftung Friedensforschung (DSF) von 2020 bis 2022 mit 108.000 Euro gefördert.