Forschung

Angesichts der Aufgabe des ZfTI, die Einwanderungsgesellschaft konstruktiv mitzugestalten, sind unter den 2018 bis 2019 abgeschlossenen Projekten folgende mit großer politischer und öffentlicher Wirkung besonders erwähnenswert:

 Im Programmbereich Bildung, Erziehung und Gesundheit in der Migration hat das ZfTI 2018 im Auftrag des MSW NRW die wissenschaftliche Begleitung des seit 2012 in NRW eingeführten islamischen Religionsunterrichts als reguläres Schulfach durchgeführt, in Kooperation mit dem Institut für Islamische Theologie der Universität Osnabrück. Im Ergebnis erhielt der Unterricht eine hohe Zustimmung der muslimischen Schüler*innen, ihrer Eltern sowie der islamischen Lehrkräfte. Bemerkenswert war eine große Offenheit der Schüler*innen für Kenntnisse auch über andere Religionen; insofern war der Unterricht nicht mit Abkapselung bzw. religiöser Selbstzentrierung verbunden. Mit der Evaluation wurde ein entscheidender Beitrag zum Gelingen und zur Verstetigung eines zentralen Projekts der Landesintegrationspolitik in NRW geleistet.

In selben Programmbereich wurde 2018 das Ergebnis eines dreijährigen Forschungsprojekts in Kooperation von ZfTI, UDE und Ruhr-Universität Bochum veröffentlicht, der „Atlas zur visuellen Mehrsprachigkeit in der Metropole Ruhr“, der auf der Analyse von mehr als 25.000 Schildern und auf Befragungen in Bochum, Dortmund, Duisburg und Essen beruht.

Das ZfTI hat im Programmbereich Sozialintegration und Dateninfrastrukturen auf der Grundlage der Daten des Religionsmonitors 2017 zu Deutschland, Österreich, der Schweiz, Frankreich und Großbritannien eine Analyse zur Sozialintegration von Muslimen, vergleichend in den genannten Ländern, durchgeführt. Die Ergebnisse der Befragung wurden öffentlich sehr breit diskutiert, da sich zeigte, dass muslimische Religiosität, insbesondere bei Frauen, zwar als Integrationshemmnis begriffen werden kann, die integrationshemmende Wirkung aber zumeist überschätzt wird und nicht zuletzt von den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen abhängt, auf die die Muslim*innen treffen. Es handelte sich um die erste diesbezügliche Vergleichsstudie. Im Auftrag der Deutschen Islamkonferenz hat das ZfTI daran anschließend 2018 in einer systematischen Analyse ausgewählter empirisch-quantitativer sozialwissenschaftlicher Studien zum Zusammenhang von muslimischer Religiosität und gesellschaftlicher Integration konsensuale und kontroverse Befunde herausgearbeitet. Die Studie wurde 2019 im open access publiziert.

Im selben Programmbereich führt das Institut seit 1999 im Auftrag der Landesregierung NRW regelmäßig eine Befragung Türkeistämmiger zu ihrer Lebenssituation durch. Am 23. Juni 2018 wurden die Ergebnisse der Mehrthemenbefragung 2017, die ausnahmsweise nicht nur in NRW, sondern bundesweit durchgeführt worden war, vor der Landespressekonferenz mit großer Resonanz vorgestellt. Gerade vor dem Hintergrund einer intensivierten öffentlichen Debatte um die Integration und Identifikation von Eingewanderten in Deutschland erwies sich der thematische Schwerpunkt der Befragung auf politischer Partizipation und politischer Identifikation Türkeistämmiger als hoch relevant, denn grenzüberschreitenden politischen Orientierungen wird oft mit Misstrauen begegnet und sie werden, insbesondere im Fall der Unterstützung des Erdoğan-Regimes in der Türkei, mit sozialer Desintegration in Verbindung gebracht. Die Ergebnisse des ZfTI zeigen eine vom Prozess der Sozialintegration weitgehend unabhängige politische Orientierung in Richtung Türkei, wobei eine Unterstützung der AKP durch die Wahrnehmung fehlender politischer Beteiligung in Deutschland begünstigt wird. Die Ergebnisse wurden breit wissenschaftlich verwertet, u.a. auch im Rahmen der 2. InZentIM-Konferenz in Essen 2018, und fließen seit 2019 in das am Institut laufende Modellprojekt zur politischen Bildung in der Einwanderungsgesellschaft ein.