Forschung

SFB „Supramolekulare Chemie an Proteinen“

Unter der Führung seiner beiden Sprecher aus der Fakultät für Chemie (Organische Chemie) ging der Sonderforschungsbereich (SFB) 1093 „Supramolekulare Chemie an Proteinen“ nach vier sehr fruchtbaren Jahren in seine zweite Förderperiode (2018–2021). In diesem SFB arbeiten Chemiker*innen und Biolog*innen Hand in Hand, um neue Werkzeuge zu entwickeln, die spezifisch an Proteinoberflächen binden und dadurch ihre biologische Funktion beeinflussen. Diese Werkzeuge sind chemische Liganden, die von den Chemiker*innen über innovative Konzepte entworfen und im Labor synthetisiert werden. Anschließend testen die Biolog*innen, ob sie spezifisch an einen sogenannten Hot Spot auf der Oberfläche des Zielproteins binden und versuchen damit, bisher ungeklärte biologische Fragestellungen zu beantworten. In der ersten Förderperiode bis 2017 gelang der Beweis, dass das zugrundeliegende Konzept des SFB 1093 tragfähig ist: In enger Zusammenarbeit wurde z.B. eine molekulare Pinzette entwickelt, die genau am kritischen Hot Spot von Survivin, einem Apoptose-hemmenden Protein, das von Krebszellen produziert wird, andockt und so dessen Bindung an einen für Krebszellen lebenswichtigen Rezeptor blockiert. Außerdem synthetisierte und optimierte das Forschungsteam künstliche Liganden für die Pore des sogenannten 14-3-3-Proteins, deren Funktion bis heute unbekannt ist. Schließlich konnten die makromolekularen Methoden soweit verfeinert werden, dass in Selbstorganisation ein „molekulares Haus“ aus DNA aufgebaut wird, das eine Proteinmaschine in seinem Inneren beherbergt und deren Funktion beeinflusst. In der zweiten Förderperiode sollen solche Methoden eingesetzt werden, um Proteinfunktionen nicht nur zu blockieren, sondern auch zu reparieren. Ganze Proteinflanken sollen von großen Liganden erfasst werden, so dass immer komplexere Proteine angesteuert werden können. Ein weiteres Ziel besteht darin, Proteinfunktionen gezielt schalten zu können und mit allen diesen neuen Werkzeugen schließlich auch in lebenden Zellen zu arbeiten. Neue renommierte Arbeitsgruppen aus der Chemie und Biologie wurden für die zweite Förderperiode dazugewonnen, die nun das Portfolio des Konsortiums gezielt verstärken und erweitern.

SFB/Transregio „Heterogene Oxidationskatalyse in der Flussigphase“

Im Jahr 2018 startete außerdem ein zweiter Sonderforschungsbereich unter Führung von Essener Chemikern (Anorganische Chemie). Der SFB/Transregio 247 „Heterogene Oxidationskatalyse in der Flüssigphase“ wurde zusammen mit der benachbarten Ruhr-Universität Bochum eingerichtet. Beteiligt sind außerdem die Max-Planck-Institute für Kohlenforschung und für Chemische Energiekonversion in Mülheim a.d. Ruhr sowie das Fritz-Haber-Institut in Berlin. Dieses Konsortium wird nun fundamentalen Fragestellungen zur katalytischen Reaktivität an Grenzflächen zwischen Festkörpern und Flüssigkeiten nachgehen. Dabei stehen Oxidationsreaktionen im Fokus, die sowohl thermisch, elektrochemisch oder photoinduziert durchgeführt werden können. Durch das Studium von Struktur-Aktivitätsbeziehungen anhand von Eisen-Kobaltmischoxiden soll neues Grundlagenwissen generiert werden, das zielgerichtet genutzt werden kann, um z.B. neue Katalysatoren für nützliche und nachhaltige Oxidationsprozesse zu entwickeln. Ein Beispiel ist die Elektrolyse von Wasser, die regenerativ erzeugte elektrische Energie effektiv in Form des chemischen Treibstoffs Wasserstoff speichert. So konnte bereits in den Vorarbeiten gezeigt werden, dass die partielle Substitution von Eisen durch Vanadium in CoFe2O4 Nanopartikeln einen besonders aktiven Elektrokatalysator für die anodische Wasserspaltung mit der Zusammensetzung CoFe0.5V1.5O4 hervorbringt. Hierfür tiefgehendes Verständnis zu erlangen ist eine Aufgabe, die in den kommenden vier Jahren im SFB/TRR 247 bearbeitet werden wird.

„Forschungskolleg FUTURE WATER“

Ein weiteres zentrales Verbundvorhaben unter maßgeblicher Beteiligung der Fakultät Chemie ist das seit 2014 vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen geförderte Forschungskolleg FUTURE WATER. Im Fokus des vom Zentrum für Wasser- und Umweltforschung koordinierten Promotionsprogramm unter Sprecherschaft aus der Fakultät für Chemie (Analytische Chemie) steht die Sicherstellung einer nachhaltigen Wasserwirtschaft. Hierbei sind die Umsetzung effektiver und effizienter Maßnahmen zur Reduktion diffuser Stoffeinträge sowie damit verbunden die Etablierung und Sicherstellung einer integrierten Regenwasserbewirtschaftung wichtige Meilensteine. Die Ende 2017 gestartete zweite Kohorte widmet sich deshalb in 12 inter- und transdisziplinär angelegten Projekten genau diesem Themenbereich. Neben notwendigen technischen Anpassungsmaßnahmen sowie ökonomischen und gesellschaftswissenschaftlichen Fragestellung stehen vor allem Methoden zur Erfassung und Analyse von Ursache und Wirkung diffuser Stoffeinträge sowie deren Abbaubarkeit im Regenwasser im Interesse der Forschenden. FUTURE WATER wird ab Januar 2019 die erfolgreiche Arbeit in einer zweiten Förderphase für weitere dreieinhalb Jahre fortsetzen. Wichtige Ergebnisse der Arbeiten der ersten Kohorte wurden 2018 gemeinsam in einem Virtual Special Issue der begutachteten Zeitschrift „Science of the Total Environment“ veröffentlicht.

SPP „Neue Materialien für die laserbasierte additive Fertigung“

Ein weiteres großes Verbundvorhaben wurde im Jahr 2018 erfolgreich von der Technischen Chemie initiiert und in den kommenden Jahren von Essen aus koordiniert: das bundesweite DFG-Schwerpunktprogramm 2122 „Neue Materialien für die laserbasierte additive Fertigung“. Laser in der Produktion werden immer leistungsfähiger und brillanter, jedoch sind für heutzutage geforderten Bearbeitungsaufgaben die verfügbaren Materialien oftmals vollkommen unzulänglich. Es besteht daher die dringende Notwendigkeit, die Materialien an diese verbreiteten Produktionsverfahren anzupassen, da lasergestützte Verfahren langfristig wegen ihres Durchsatzes als auch wegen ihrer Präzision wichtige Produktionsverfahren dominieren werden. Dies erfordert einen grundlegenden Forschungsansatz bereits am Beginn der Prozesskette, dem Material. Diesen bietet das koordinierte Schwerpunktprogramm, indem es die Materialentwicklung und Photonikforschung vereint und bereits bei der Materialsynthese ansetzt. Die wissenschaftlichen Fragestellungen werden materialübergreifend formuliert und auf das photonische Verfahren der additiven Laserfertigung von Polymer- und Metallpulvern konzentriert. Hiermit werden erstmals sowohl chemische als auch metallurgische und Additiv-basierte Modifikationen gezielt für die photonische Produktion entwickelt.

Neben der oben beschriebenen Aktivität in der heterogenen Katalyse liegt ein weiterer Schwerpunkt der festkörperchemischen Forschung in der Anorganischen Chemie in Essen in den Nanowissenschaften. Es wurden z.B. metallische und bimetallische Nanopartikel von Edelmetallen (Silber, Gold, Platinmetalle) synthetisiert. Die Untersuchung ihrer inneren Struktur mit kristallographischen und elektronenmikroskopischen Methoden zeigte die interne Facettierung (Domänen) sowie die unterschiedliche Elementverteilung innerhalb von bimetallischen Nanopartikeln. Eine praktische Anwendung liegt in der Steuerung der Silberionenfreisetzung zur Herstellung antibakterieller Materialien. Durch die Etablierung einer kovalenten Oberflächenchemie (Anbindung von Rezeptormolekülen) an ultra­kleinen Gold-Nanopartikeln (2 nm) lassen sich gezielt Epitope auf Proteinoberflächen adressieren. Die Synthese von mit Biomolekülen beladenen und kovalent funktionalisierten Nanopartikeln aus Calciumphosphat erlaubt die gezielte Ansteuerung biologischer Funktionen in vitro und in vivo. Unter anderem konnte in Zusammenarbeit mit Mediziner*innen erfolgreich gegen Viren geimpft werden sowie in Zellen selektiv Gene durch Transfektion mit DNA angeschaltet sowie durch Genstummschaltung ausgeschaltet werden. Durch die Synthese proteinfunktionalisierter Nanopartikel konnte der Weg und das Schicksal von Nanopartikeln nach der Aufnahme in die Zelle aufgeklärt werden, was wichtige Hinweise für die nanomedizinische Anwendung lieferte. Weitere Studien zur anorganischen Materialsynthese konzentrierten sich auf dem Feld der thermoelektrischen Materialien, die entweder als nanopartikuläre Pulver in lösungsbasierten Verfahren, insbesondere in ionischen Flüssigkeiten, oder als dünne, z.T. epitaktische, Filme mittels verschiedener gasphasenbasierter Abscheideverfahren wie der Atomic Layer Deposition (ALD), Chemical Vapor Deposition (CVD) oder der Physical Vapor Deposition (PVD) hergestellt wurden. Dabei konnten erstmalig an epitaktischen Sb2Te3-Filmen die thermische Leitfähigkeit in cross-plane Richtung bestimmt werden. In der metallorganischen Molekülchemie hingegen lag der Fokus der Forschungsarbeiten insbesondere auf der Etablierung niedervalenten Hauptgruppenelementverbindungen, insbesondere Mg(I)-, Zn(I)-, und Ga(I)-Verbindungen, als potente, in organischen Solventien lösliche Reduktionsmittel. Im Zuge dieser Untersuchungen wurden dabei vor allem metallorganische Gruppe 13/15-Verbindungen mit ungewöhnlichen elektronischen Zuständen hergestellt und ihre Strukturen in Lösung mittels spektroskopischer Methoden sowie im Festkörper durch Einkristallstrukturanalyse bestimmt. Hervorzuheben sind hierbei die Etablierung genereller Methoden zur Herstellung neuer homo- und heterobimetallischer Verbindungen mit Doppelbindungsanteil sowie offenschaliger Sb- und Bi-zentrierter Radikale.

Organische Chemie

Die Arbeitsgruppen der Organischen Chemie bilden einen leistungsstarken Schwerpunkt in Supramolekularer Chemie (SFB 1093, oben). Hier wird Grundlagenforschung vor allem auf den Gebieten der Chemischen Biologie, der Entwicklung neuer Materialien und der Konstruktion molekularer Maschinen betrieben. Darüber hinaus verfolgen drei Nachwuchsgruppen/Juniorprofessuren eigene Ziele im Bereich der Flüssigkristalle, neuer Luminophore und der Organokatalyse. In den beiden zurückliegenden Jahren konnten z.B. zahlreiche neue Rezeptormoleküle für biologische Anwendungen entwickelt werden. Hier gelang der Durchbruch zu „molekularen Pinzetten“, an die über sogenannte Click-Chemie an alle möglichen zusätzlichen funktionalen Elemente gebunden werden können. Ferner wurde ein amphiphiles Peptid synthetisiert, das Amyloidfibrillen bildet, die von Goldnanopartikeln in Fragmente aufgebrochen werden können. Diese binden stark an DNA und ermöglichen so die Gentransfektion. Auf dem Gebiet der molekularen Maschinen wurde mit dem kombinierten Licht- und Elektrizitätsangetrieb ein alter Traum der Chemiker*innen verwirklicht. Des Weiteren gelang erstmals die Verwendung von Catenanen – das sind mechanisch wie in einer Kette miteinander verbundene Einzelmoleküle – in der asymmetrischen Organokatalyse. Das Portfolio der spannenden Höhepunkte der neueren Forschung in der Organischen Chemie wird abgerundet durch ein hoch variables Baukastensystem zur supramolekularen Konstruktion neuartiger Flüssigkristalle über Wasserstoffbrücken und durch vollständig neue Fluoreszenzfarbstoffe, die leuchten, wenn sie an ihr Zielmolekül (z.B. ein Protein) treffen (sogenannte „aggregation induced emission“).

Physikalische Chemie

Auch eine ganz andere grundlegende Frage „Woher kommt das Leben?“ wird an der Fakultät für Chemie in der Physikalischen Chemie erforscht. Im Zusammenhang mit der Entstehung des Lebens ist bis heute nicht wirklich verstanden, wie genau die ersten sich selbst replizierenden Moleküle und komplexeren Systeme wie z.B. Zellen entstanden sind. Die Essener Chemiker*innen konnten ein Modell für die Bildung und Selbstoptimierung von Vesikeln unter dynamischen Umgebungsbedingungen entwickeln. Das Essener Modell besteht in der Wechselbeziehung zweier zyklischer Prozesse: ein Prozess der periodischen Vesikelbildung und ein Prozess, bei dem Peptide im Gleichgewicht mit ihren Grundbausteinen, den Aminosäuren stehen. Die Strukturen, die sich aus der Kombination beider Prozesse entwickeln, durchlaufen ihre eigene strukturelle und chemische Evolution, die über parasitische und symbiotische Effekte bis hin zur Entstehung neuer Funktionen führen kann. Die zeitliche Entwicklung der miteinander verzahnten zyklischen Prozesse repräsentiert nicht nur einen wichtigen Aspekt lebender Systeme, sondern bildet auch ein relevantes Modell für die frühesten Abläufe, die zur Entstehung des Lebens auf der Erde geführt haben könnten. Kürzlich konnte in Kooperation mit der Analytischen Chemie und der Geologie an der UDE der beschriebene Vorgang der molekularen Evolution durch einen Langzeitversuch in einer Hochdruckzelle nachgestellt werden. Durch Druckwechselzyklen können über mehrere Tage eine Folge von mehreren Hundert Generationen von Vesikeln erzeugt werden, wobei gleichzeitig aus einer Mischung von zwölf Aminosäuren eine statistische Mischung aus kurzkettigen Peptiden entsteht. In jeder Generationenfolge werden Schritt für Schritt diejenigen Peptide ausgelesen, die am stärksten zur Stabilität und zur lebensverlängernden Funktion der Vesikel beitragen. Genau diese Peptide reichern sich im Ablauf des Prozesses an und führen zu einer Population an besonders stabilen und funktionalen Vesikeln. Eines dieser selektierten Peptide, ein Octapeptid, wurde sequenziert, synthetisiert und in größeren Mengen zu reinen Membran-Vesikeln hinzugegeben. Wir konnten dabei feststellen, dass dieses Peptid drei Funktionen ausübt: a) es erhöht die thermische Stabilität der Vesikel, b) es verkleinert die Vesikel und verringert somit die Gefahr, dass das Vesikel durch Blasenbildung zerstört wird, c) es führt zu einer erhöhten Permeation der Vesikelmembran und damit zu einer rascheren Relaxation des osmotischen Drucks. Alle drei Einflüsse können somit als Überlebensmechanismen für die Vesikel gewertet werden. Diese Beobachtungen belegen eine erfolgreiche Evolution der Vesikelstrukturen, die möglicherweise modellhaft für die Entwicklung einer Protozelle stehen könnte. Von Vesikeln ist es nur noch ein kleiner Schritt hin zu Systemen, die durch ihre Oberflächen im Verhalten kontrolliert werden. In diesem Bereich ist die Forschung an der UDE und dem An-Institut DTNW in Krefeld angesiedelt. Hier wird unter anderem untersucht, wie Flüssigkeiten in einer stark gebundenen Flüssigkeitsschicht die Reibung und Adhäsion zwischen Oberflächen beeinflusst. Um diese dünnen Schmierfilme am Platz zu fixieren werden gepfropfte Polymere genutzt. Dabei bearbeiten wir Grundlagenfragen zur Chemie und der Struktur der molekularen Funktionsschichten an der UDE in Essen und stellen sie in den Kontext anwendungsorientierterer Fragestellungen am DTNW. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse über die Fixierung von Molekülen an Oberflächen stellt dann eine Basistechnonogie dar, die auch in anderen Forschungsvorhaben, wie z.B. der Verankerung von neuen Flammschutzmitteln auf Textilien oder bei der Effizienzsteigerung optischer Analysemethoden zum Einsatz kommt.

Technische Chemie

Zur Forschung der Fakultät im Themenschwerpunkt Wasser leistet die Technische Chemie vor allem Beiträge durch die Entwicklung verbesserter oder neuer Materialien für die Wasserreinigung. Das geschieht entweder in Form von Membranen, mit denen unerwünschte Stoffe aus Wasser filtriert werden können oder durch Materialien, welche solche Stoffe an ihrer Oberfläche binden oder katalytisch umwandeln können (poröse Adsorber oder Katalysatoren). Ein Beispiel für eine wesentliche Innovation in diesem Bereich sind mikrostrukturierte Dünnschichtkomposit-Membranen für die Entsalzung von Wasser durch Umkehrosmose. Es wurden neue Methoden für die Herstellung von solchen Membranen mit Mikrokanälen auf der trennselektiven Oberfläche etabliert, und es konnte demonstriert werden, dass mit solchen Membranen bei gleichem angewendeten Druck sowie identischem Rückhalt für gelöste Salze bis zu fünffach höhere Permeabilitäten im Vergleich zu konventionellen, nicht strukturierten Membranen erhalten werden können. Das kann durch eine Kombination aus einer Vergrößerung der aktiven Membranfläche und einer Verbesserung der Durchmischung direkt an der Membranoberfläche erklärt werden. Die Umsetzung dieses neuen Konzepts im größeren Maßstab ist sehr attraktiv, weil sich damit die Kosten für die Meerwasserentsalzung durch Umkehrosmose oder ähnliche Anwendungen sehr deutlich verringern lassen. Ein anderes Beispiel, welches eine Verknüpfung mit dem Themenschwerpunkt „Nanowissenschaften“ illustriert, ist die direkte Verarbeitung des Biopolymers Cellulose mit Hilfe von ionischen Flüssigkeiten als sogenannte „grüne Lösungsmittel“ zu porösen Materialien mit Adsorber oder katalytischen Eigenschaften für die Wasserreinigung. Diese Hybrid-Materialien erhalten ihre speziellen Aktivitäten durch die Integration von funktionalen Nanopartikeln direkt im selben Verarbeitungsschritt. Durch die Kombination von nachwachsenden Rohstoffen als Basismaterial und eine sehr effektive Verarbeitung werden für Anwendungen wesentliche Vorteile in Bezug auf Nachhaltigkeit und Kosten erwartet.

Analytische Chemie

Die Arbeitsschwerpunkte der Arbeitsgruppen in der Analytischen Chemie in Essen liegen zum einen im Bereich der Entwicklung und Anwendung von Methoden zur automatisierten Probenvorbereitung, chromatographischen Trennung und Detektion mittels quantitativer und Isotopen-Massenspektrometrie für Lebensmittel- und Umweltproben. Zum anderen werden multidimensionale Trenntechniken und neue Ionenquellen für die Massenspektrometrie entwickelt. Solche analytischen Plattformen werden für die Analyse von komplexen Proben, wie das Metabolom oder Lipidom eingesetzt. Hinzu tritt die sogenannte effektbasierte Analyse, die in einer erfolgreichen internationalen Kooperation mit Wissenschaftler*innen aus Universitätsklinikum Essen, der Ruhr-Universität Bochum, der Tsinghua University in Peking und der National University Hanoi (Vietnam) erforscht wird. Ferner wird ein Großteil der Aktivitäten im Wasserbereich von der Analytischen Chemie getragen. Es werden wasserchemische Prozesse und Technologien untersucht, vor allem im Bereich der Oxidationsverfahren zur Desinfektion und Spurenstoffeliminierung. Einsatz finden diese Verfahren sowohl in der Trinkwasseraufbereitung als auch in der Abwasserbehandlung. Die hohe Sichtbarkeit der Wasserforschung in Essen wird auch durch die Organisation zahlreicher Tagungen dokumentiert, wie den jährlichen Wasser-Tagungen und dem zweijährlichen Mülheimer Wasseranalytischen Seminar (mit IWW Zentrum Wasser) mit jeweils 250 bis 300 Teilnehmer*innen. Darüber hinaus wurde zusammen mit der Firma Merck im Jahr 2017 eine zweiwöchige Frühjahrsschule zur Industriellen Analytischen Chemie erstmalig in Essen organisiert mit ca. 40 Teilnehmer*innen aus ganz Deutschland. Ein weiterer Höhepunkt der Outreach-Aktivitäten ist sicherlich die Veranstaltung im UNI Kids-Programm 2017, bei dem das Thema „Wasser baut Brücken, aber hat es auch ein Gedächtnis?“ über 600 Kindern in einer Experimentalvorlesung nähergebracht wurde. Auch im Bereich der forschungsnahen Ausbildung konnte die Analytische Chemie in Essen Erfolge vermelden. So wurde 2018 eine Kooperation mit Agilent Technologies begonnen und das Teaching and Research Center for Separation (TRC) gegründet. Das TRC ist das weltweit fünfte von Agilent finanzierte world-class Centers of Excellence. Aufgrund dieser Unterstützung können in den Praktika die modernsten Analysengeräte eingesetzt werden. Darüber hinaus werden im TRC pro Jahr sechs kostenpflichtige fünftägige Kurse für Interessent*innen aus dem universitären Umfeld und der Industrie angeboten.

Theoretische Chemie

Ein Beispiel für die Forschungsarbeit in der Theoretischen Chemie in Essen stellt die erfolgreiche Modellentwicklung und Simulation von Grenzflächen zwischen eindimensionalen, oxidischen Nanoröhren und flüssigem Wasser dar. Hierbei können auch Nanoröhren mit Durchmessern untersucht werden, die eigentlich zu groß für eine direkte Simulation sind. Die entwickelten Modelle erlauben die Untersuchung von photokatalytischen Prozessen an diesen Grenzflächen.

Biofilm Centre

Das Biofilm Centre in Essen forscht unter anderem zu Mikroorganismen, von denen z.B. zahlreiche neue im CO2-reichen Wasser eines Kaltwassergeysirs in Utah/USA entdeckt wurden. Zusammen mit Kooperationspartner*innen von der University of California, Berkeley/USA, und der University of Calgary/CAN konnte das Erbmaterial analysiert und die Hydrogeologie und Mikrobiologie auf einen Nenner gebracht werden. Vor allem in den tieferen Schichten kamen Mikroorganismen vor, die vollkommen abhängig von anderen Organismen in einer Lebensgemeinschaft (Symbiose) lebten.

Das Ziel der Arbeiten im Biofilm Centre ist es, die Ökologie und die biochemischen Grundlagen mikrobieller Prozesse in der Umwelt zu verstehen. Die Untersuchungssysteme reichen von Grundwasser und Trinkwassergewinnung bis zu Extremhabitaten wie z.B. Erdölreservoiren oder heißen Quellen. Erforscht wird u.a. die Assemblierung von Ökosystemen und deren Nährstoffkreisläufe mit besonderem Schwerpunkt auf Schadstoffabbau. Gleichzeitig rücken parasitische und symbiontische Lebensweisen von Bakterien, Archaeen und Viren ins Zentrum der Forschung am Biofilm Centre.

Didaktik der Chemie

Ein weiterer Forschungsschwerpunkt der Fakultät ist die empirische Bildungsforschung im Bereich Didaktik der Chemie. Dabei wird die gesamte Breite des institutionellen Lehrens und Lernens von der Primarstufe mit dem Fach Sachunterricht bis hin zum tertiären Bildungssektor mit naturwissenschaftsbezogenen Studiengängen oder dem Aus- und Weiterbildungsbereich für Lehrkräfte in den Blick genommen. Vor dem Hintergrund hoher Abbruchquoten in den naturwissenschaftlich-technischen Studiengängen hat der DFG-geförderte Forschungsverbund Akademisches Lernen und Studienerfolg in der Eingangsphase von naturwissenschaftlich-technischen Studiengängen (ALSTER) die Frage untersucht, wovon ein erfolgreicher Studienabschluss in diesen Studiengängen abhängt. In der zweiten Förderphase widmet sich der Verbund unter maßgeblicher Beteiligung der Fakultät für Chemie in fünf Teilprojekten der Untersuchung von Förder- und Unterstützungsmöglichkeiten, um insbesondere die festgestellten Defizite hinsichtlich des fachlichen Vorwissens oder des ikonischen Modellverständnisses zu adressieren. Flankiert wird der Verbund von dem BMBF-geförderten Projekt „Chemie, Sozialwissenschaften und Ingenieurwissenschaften: Studienerfolg und Studienabbruch“ (CASSIS), in dessen Rahmen durch einen Vergleich von Hochschultypen und Studienfächern institutions- und fachspezifische Abbruchgründe ermittelt werden. Ziel ist die Verbesserung der Studieneingangsphase und damit des Studienerfolgs insgesamt. Nicht zuletzt aufgrund der „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ des BMBF hat die Untersuchung von Gelingensbedingungen speziell der Lehramtsbildung einen wichtigen Stellenwert in weiteren Forschungsprojekten. Das Projekt „Professionalisierung für Vielfalt“ (ProViel) nimmt unter Beteiligung der Fakultät für Chemie die Qualität der Lehramtsausbildung in den Fokus. Ergänzt wird das Forschungsprogramm zukünftig durch das Graduiertenkolleg „Querschnittsaufgaben in Lehrerbildung sowie Schul- und Unterrichtsentwicklung“ (GK QL). Durch das arrondierte DFG-Projekt „Feedback im Referendariat zu externen Repräsentationen“ (FiRe2) wird auch die Verbesserung der Qualität des Vorbereitungsdienstes sowie die Verzahnung der Lehramtsbildungsphasen fokussiert.