Physik

Nanostrukturen

Die Forschungsgruppe von Prof. Lorke beschäftigt sich mit den optischen und elektronischen Eigenschaften von Nanostrukturen. Wie der Name sagt, haben Nanostrukturen Abmessungen von nur wenigen Nanometern, also wenigen Milliardstel Metern. Sie werden entweder durch chemische (man denke an feinstverteilten Rauch) oder physikalische Methoden hergestellt (man denke an winzigste Nebeltröpfchen). Eine dritte Methode ist die ­Lithographie, bei der die gewünschten Strukturen mit Nanometer-Präzision aus unterschiedlichsten Materialien herausgeschnitten werden. Dazu steht die sogenannte „Nanowerkbank“ zur Verfügung, in der mit hochfokussierten Elektronen- und ­Ionen-Strahlen nahezu beliebige Formen definiert werden können. Mit diesem Instrument ist es gelungen, das dünnste Material der Welt in Form zu schneiden: Es handelt sich dabei um „Graphen“, das aus nur einer Atomlage von Kohlenstoffatomen besteht, die –wie eine Hängematte – zwischen zwei Metallstreifen aufgehängt wird. Die gesamte Struktur ist dabei nur so groß wie ein Hundertstel des Durchmessers eines Haars. Ziel ist es, durch Maßschneidern der Form funktionelle elektronische Bauelemente wie Transistoren und Gleichrichter herzustellen.

Auch selbstorganisierte Nanostrukturen werden auf ihr Potenzial für neuartige Bauelemente untersucht. So ist es zum Beispiel Mitgliedern der Arbeitsgruppe gelungen, einzelne Elektronen in sogenannte Quantenpunkte zu füllen und die Zahl der Elektronen innerhalb von nur drei Nanosekunden (0,000‘000‘003 Sekunden) elektrisch auszulesen – ein erster Schritt zur Realisierung eines Quantenpunkt-Informations-Speichers.

Eine überraschende Beobachtung wurde an Nanopartikeln aus einer Silizium-Eisen-Verbindung gemacht. Mit ihnen lässt sich auf einfachste Weise eine Art Batterie realisieren. Dazu müssen die Partikel nur zwischen zwei Elektroden gebracht werden, an die eine Spannung angelegt werden kann. Der genaue Mechanismus ist noch nicht entschlüsselt – in der AG Lorke konnte aber schon gezeigt werden, dass Wasser (und andere gängige Lösungsmittel) in der Umgebungsluft eine wichtige Rolle spielen. Wegen des Anwendungspotenzials zur Energiespeicherung und zur Gasdetektion in der Luft wurde diese Zufallsentdeckung zum Patent angemeldet.

Aber Nanopartikel können noch mehr: In Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern aus der Elektrotechnik der UDE und der University of Minnesota wurden Zinkoxid-Partikel hergestellt, die besonders gute Leuchteigenschaften aufweisen. Dies macht sie zu interessanten Kandidaten für energieeffiziente Leuchtdioden, die dazu noch ohne seltene Elemente wie Gallium auskommen. Eine weitere internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Optik gab es mit der japanischen University of Tsukuba. An mikroskopischen Kugeln aus einem neuartigen Polymer wurden sogenannte „Whispering Gallery“-Moden beobachtet, bei ­denen das Licht im Innern der Kugeln wie auf einer Rennstrecke kreist. Dies belegt die hohe optische Qualität der Polymerkugeln und eröffnet damit Perspektiven für Laser und sogenannte photonische Kristalle aus organischen Materialien.

Die Arbeitsgruppe von Prof. Marika Schleberger befasst sich damit, wie sich ultradünne, sogenannte „2D-Materialen“, herstellen und gezielt verändern lassen. Zunächst standen nur atomar dünne Kohlenstofflagen („Graphen“) im Mittelpunkt des Interesses, inzwischen werden aber auch weitere Materialien untersucht, darunter hexagonales Bornitrid („weißer Graphit“) oder auch das als Schmierstoff bekannte Molybdändisulfit (MoS2). Ein wichtiges Werkzeug zur Manipulation der Materialeigenschaften ist die Bestrahlung mit energiereichen Ionen. Die in der AG Schleberger durchgeführten Experimente zeigen zum Beispiel, dass aus Graphen hergestellte Transistoren deutlich höheren Strahlenbelastungen widerstehen als Transistoren basierend auf MoS2. Momentan wird untersucht, durch welchen minimalen Energieeintrag solche ultradünnen Schichten geschädigt werden. Die Ergebnisse erlauben Aussagen darüber, ob die neuartigen Materialien in zukünftigen Elektronik-Bauteilen verwendet werden können, die extremer Belastung durch ionisierende Strahlung ausgesetzt sind, also zum Beispiel im Weltall oder in Fusionskraftwerken.

Die zerstörerische Wirkung der Teilchenstrahlung kann aber auch konstruktiv genutzt werden. Die Forschungsgruppe konnte zeigen, dass sich unter geeigneten Bedingungen winzige Poren in die genannten Materialien brennen lassen. Die Porengröße liegt dabei typischerweise im Nanometerbereich, so dass eine Verwendung als Filtermembran für kleinste Objekte wie zum Beispiel Viren aussichtsreich erscheint. Allerdings sind bis dahin noch eine ganze Reihe von Problemen zu lösen. Graphen zum Beispiel ist zwar gut hundert malreißfester als Stahl, aber eben nur bei vergleichbarer Dicke. Und da Graphen nur genau eine Atomlage dick ist, würden schon geringe Belastungen ausreichen, um einen ­Graphen-Filter zu zerstören. Die aktuellen Forschungsarbeiten in Kooperation mit anderen Forschern zielen also darauf ab, einerseits die ­genauen Bedingungen für die erforderlichen ­Porengrößen zu bestimmen und andererseits ein geeignetes Trägermaterial zu entwickeln.