Empirische Bildungsforschung

Geschäftsführerin: Luisa Friedrich
Geschäftsführerin: Luisa Friedrich

Forschung

Mit Unterstützung des Zentrums für empirische Bildungsforschung konnten auch in den letzten zwei Jahren wieder zahlreiche Anträge für neue Forschungsprojekte eingereicht und neu eingeworben bzw. verlängert werden. Der Erfolg der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Profilschwerpunkt empirische Bildungsforschung spiegelt sich in der äußerst erfolgreichen Einwerbung von Drittmitteln wider. Im DFG Förderatlas 2012 wird die Universität Duisburg-Essen als die Universität mit der größten bewilligten Drittmittelsumme im Bereich „Erziehungswissenschaften“ geführt. Der Förderatlas der DFG zeigt, dass in diesem ausgewiesenen Schwerpunkt der UDE Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler arbeiten, die sich mit ihrer qualitativ hochwertigen Forschung auch in hochkompetitiven Verfahren – wie der Vergabe von DFG-Fördermitteln – durchsetzen können. Im Bereich der Forschung zum naturwissenschaftlichen Unterricht konnten zum Beispiel über einen Zeitraum von zehn Jahren Forschungsprojekte aus verschiedenen Fakultäten in zwei koordinierten Programmen vernetzt werden.

Die seit dem Jahr 2003 geförderte DFG Forschergruppe 511 „Naturwissenschaftlicher Unterricht nwu-essen“ und das gleichnamige DFG-Graduiertenkolleg 902 versammelten im Februar 2013 zu ihrer Abschlussveranstaltung „10 Jahre nwu-essen“ noch einmal renommierte Gäste aus ganz Deutschland. Außerdem veröffentlichte die Gruppe eine Ergebnisübersicht aller Forschungsprojekte, die innerhalb der zehn Jahre in der nwu-essen bearbeitet wurden. Das Graduiertenkolleg erhielt noch eine Auslauffinanzierung bis 2014. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die an diesem Graduiertenkolleg beteiligt sind, kommen aus den Fachdidaktiken Biologie, Chemie, Deutsch, Physik und Sachunterricht, der Lehr-Lern-Psychologie und dem Institut für Pädagogik.

Mit Prof. Detlev Leutner war (zusammen mit Prof. Eckard Klieme, DIPF Frankfurt) ein Wissenschaftler des Profilschwerpunktes empirische Bildungsforschung mit der Koordination des DFG-Schwerpunktprogramms 1293 „Kompetenzmodellierung“ betraut, an dem noch weitere Projektantragsteller (Prof. Hans E. Fischer, Prof. Stefan Rumann) von der UDE beteiligt ­waren. Dieses Schwerpunktprogramm wurde im ­Oktober 2013 mit einer sehr gut besuchten öffentlichen Veranstaltung am DIPF in Frankfurt ­abgeschlossen. Das Programm fokussierte die kognitionspsychologischen und fachdidaktischen Grundlagen von Kompetenzen sowie die ­Entwicklung psychometrischer Modelle und konkreter Technologien, für deren Messung, ­insbesondere

  • mathematische Kompetenzen,
  • naturwissenschaftliche Kompetenzen,
  • Sprach- und Lesekompetenzen,
  • Lehrerkompetenzen sowie
  • fächerübergreifende Kompetenzen

untersucht wurden.
Mit einem Projekt zum selbstregulierten Lernen an Gymnasien ist die Lehr-Lernpsychologie (Antragsteller: Prof. Detlev Leutner) weiterhin, in Kooperation mit der Ruhr-Universität Bochum (Antragsteller: Prof. Joachim Wirth, Prof. Markus Ritter) und der technischen Universität Dortmund (Antragsteller: Prof. Wilfried Bos, Prof. Stephan Hußmann), am von der Stiftung Mercator und dem Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalengeförderten Verbundprojekt „GanzIn“ beteiligt, in dem im Rahmen eines Schulentwicklungsprojekts Gymnasien in NRW bei der Einführung des Ganztagsbetriebs unterstützt werden. Zu den Aufgaben zählt auch die Begleitung der Lehrkräfte in den Fächern Biologie, Chemie, Deutsch, Englisch, Mathematik und Physik und ihre auf eine fachbezogene Verbesserung der Unterrichtsqualität abzielende Fortbildung. Hieran sind zahlreiche Antragstellerinnen und Antragsteller aus dem Profilschwerpunkt empirische Bildungsforschung beteiligt (Antragsteller an der UDE: Prof. Elke ­Sumfleth, Prof. Angela Sandmann, Prof. Albert Bremerich-Vos, Prof. Hans E. Fischer). Im BMBF-Verbundprojekt „Professionswissen in den Naturwissenschaften (ProWin)“ arbeiten ebenfalls verschiedene Fachdidaktiken zusammen. So wird von den Fachdidaktiken Chemie und Physik ­unter Beteiligung der Lehr-Lern-Psychologie der UDE (Antragsteller: Prof. Hans E. Fischer, Prof. Detlev Leutner, Prof. Elke Sumfleth) in ­Kooperation mit der Biologiedidaktik der LMU München (Antragsteller: Prof. Birgit J. Neuhaus), der Chemiedidaktik der Universität Regensburg (Antragsteller: Prof. Oliver Tepner), der Physikdidaktik der Universität Potsdam (Antragsteller: Prof. Andreas Borowski) und der Ruhr-Univer­sität Bochum (Antragsteller Prof. Joachim Wirth) untersucht, wie sich das Professions­wissen von Lehrkräften an den verschiedenen Schulformen unterscheidet und inwiefern ­Unterschiede im Professionswissen sich auf die Unterrichtsgestaltung und den Lernerfolg ­auswirken. Eine zweite Projektphase bis 2015, die eine umfangreiche Videostudie umfasst, wurde kürzlich genehmigt.

Außerdem arbeiten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Profilschwerpunktes an weiteren Einzelprojekten und Forschungsprogrammen. Aus der Vielfalt der Projekte wird an dieser Stelle eine kleine Auswahl – gegliedert nach fachlicher Perspektive – vorgestellt.

Im Projekt der Biologiedidaktik „Lernen mit biologischen Beispielaufgaben: Individuell und in Dyaden“ (Antragsteller: Prof. Angela Sandmann, Prof. Philipp Schmiemann) soll die Frage beantwortet werden, inwieweit sich Beispielaufgaben für das Lernen in Dyaden eignen und welchen Einfluss das Vorwissen dabei hat. In dieser Studie wird daher der Lernerfolg von Novizen und ­Experten, die individuell oder in Dyaden mit Beispielaufgaben lernen, untersucht.

Die Chemiedidaktik beschäftigt sich in dem neuen DFG-Projekt „Leistungsunterschiede in Kompetenztests in den Fächern Biologie und Chemie – die Rolle von Interesse und Motivation“, (Antragsteller: Prof. Maik Walpuski und Prof. Elke Sumfleth) in Kooperation mit der Universität Kassel (Antragsteller: Prof. Jürgen Mayer) mit der lange vernachlässigten Frage, welchen Einfluss die Motivation der Schülerinnen und Schüler auf die Ergebnisse in Leistungstests hat. Eine weitere Studie mit dem Titel „Kurswahlmotive von Oberstufenschülerinnen und -schülern im Fach Chemie“ hat das Ziel (Arbeitsgruppe Prof. Maik Walpuski), die Einflussfaktoren auf das Wahlverhalten und den Erfolg im Fach Chemie in der Oberstufe zu ermitteln, um der Entwicklung sinkender Schülerzahlen in Chemiekursen entgegen wirken zu können. In Anlehnung an die in der Literatur diskutierten Wahlmotive werden dafür das Interesse, das Fachwissen, die Noten und Berufswünsche sowie die Selbstwirksamkeitserwartung und das Fähigkeitsselbstkonzept der Schülerinnen und Schüler in einem Quasi-Längsschnitt in drei Jahrgangsstufen (9.–12. Klasse) zu zwei Messzeitpunkten im Abstand von einem Jahr erhoben. Aber auch praxisorientierte Projekte werden im Profilschwerpunkt bearbeitet. Ein durch die Müller-Reitz-Stiftung gefördertes Projekt (Antragstellerin: Prof. Elke Sumfleth) der Didaktik der Chemie beschäftigt sich mit der Entwicklung von Lösungsbeispielen zum selbstregulierten Lernen im Chemieunterricht, deren Lernwirksamkeit in einem vorausgegangenen Forschungsprojekt untersucht wurde.
Die Physikdidaktik der UDE widmet sich der Leistungsmessung in der Oberstufe im Projekt „Physikkompetenz in der Sekundarstufe II“ (Antragsteller: Prof. Hans E. Fischer in Kooperation mit Prof. Andreas Borowski, Potsdam). Bisheriger Referenzrahmen der abiturbezogenen Anforderungen sind die einheitlichen Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung (EPA). Im Sinne einer ­anschlussfähigen Konzeption, bei der das naturwissenschaftliche Denken über die gesamte ­Bildungslaufbahn abgebildet werden soll, erweitert das Projekt „Physikkompetenz in der Sekundarstufe II“ das für die Sekundarstufe I etablierte ESNaS-Modell auf Basis empirischer Untersuchungen auf die für die gymnasiale Oberstufe vorgesehene Kompetenzstruktur.

Neben den naturwissenschaftsdidaktischen Projekten beinhaltet der Profilschwerpunkt viele weitere Projekte aus dem Institut für Pädagogik und dem Institut für Psychologie, exemplarisch werden im Folgenden einige Projekte vorgestellt.

Bei dem von der Stiftung Mercator geförderten Projekt „Deutsche Schulen im Ausland – Analysen zu den Bedingungen deutscher Auslandsschularbeit auf systemischer und institutioneller Ebene“ (Antragstellerin: Dr. Svenja M. Kühn) soll zum ersten Mal die Auslandsschule, als schulischer Versorger deutscher Staatsangehöriger im Ausland, Gegenstand systematischer, wissenschaftlicher Betrachtung sein.

Mit Unterstützung des ZeB konnte Dr. Svenja M. Kühn in Zusammenarbeit mit der Fachdidaktik für Mathematik der Universität Kassel (Antragsteller: Prof. Werner Blum, Prof. Christina Drüke-Noe) das DFG-Projekt „Steuerungswirkung von Bildungsstandards auf die Qualität und Vergleichbarkeit von Prüfungsanforderungen zum Erwerb des Mittleren Schulabschlusses“ erfolgreich abschließen und einen Beitrag zur ersten Bestandsaufnahme der gegenwärtigen Prüfungsverfahren zum Erwerb des Mittleren Schulabschlusses leisten.

Das vom Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes NRW unterstützte Projekt „Abitur an Gymnasien nach 12 oder 13 Jahren (Wissenschaftliche Begleitung des Schulversuchs in Nordrhein-Westfalen)“, das von der Fakultät für Bildungswissenschaften (Antragstellerinnen: Prof. Isabell van Ackeren, Dr. Svenja M. Kühn) in Zusammenarbeit mit der Ruhr-Universität Bochum (Antragsteller: Prof. Gabriele Bellenberg, Prof. Grit im Brahm, Prof. Christian Reintjes) durchgeführt wird, untersucht die Bedingungen, unter denen die Entscheidung für einen acht- oder neunjährigen gymnasialen Bildungsgang fällt, und die schul­internen- und unterrichtsbezogenen Wirkungen von achtjährigen gymnasialen Bildungsgängen gegenüber neunjährigen, die sich kurz- und langfristig an den jeweiligen Schulen zeigen.
In der Lehr-Lernpsychologie wurden im Berichtszeitraum mehrere DFG-geförderte Projekte erfolgreich abgeschlossen. Im Projekt „Visualisieren im naturwissenschaftlichen Unterricht“ ­(Antragsteller: Prof. Detlev Leutner, Prof. Maria Opfermann, Prof. Angela Sandmann) wurde die Generalisierbarkeit von Befunden vorheriger Förderphasen zum selbstregulierten Visualisieren mit chemischen Sachtexten anhand biologischer Sachtexte überprüft. Es zeigte sich, dass Lernende, die eine papierbasierte Strategie des selbstständigen Visualisierens einsetzen, im Textverstehen ­denjenigen Gruppen überlegen sind, die nur mit Text oder mit Text und vorgegebenen Bildern lernen. Diese Befunde ließen sich auch für das computerbasierte Lernen mit selbst generierten Visualisierungen bestätigen, wenngleich die Befunde hier weniger eindeutig sind. Zudem fanden sich Hinweise darauf, dass der positive Effekt des selbstständigen Visualisierens unter Kontrolle des Cognitive Load (perceived task difficulty) verstärkt wird. In diesem Zusammenhang wird unter anderem die Frage untersucht, welche schwierigkeitserzeugenden Faktoren beim computerbasierten Zeichnen auftreten und wie diese erfasst werden können. Die Ergebnisse liefern wertvolle Hinweise zur Gestaltung papier- und computerbasierter multimedialer Lernmaterialien.

Neu gestartet sind im Berichtszeitraum – neben dem oben bereits beschriebenen ProwiN-Projekt – eine Studie zur Bedeutung des im Studium erworbenen bildungswissenschaftlichen Wissens für den erfolgreichen Start in das Berufsleben von Lehrkräften im BMBF-geförderten Verbundprojekt „BilWiss“ (Antragsteller: Prof. Mareike Kunter, Prof. Detlev Leutner, Prof. Tina Seidel und
Prof. Ewald Terhart) und eine Studie zum Selbstregulierten Lernen von Studienanfängern im BMBF-geförderten Projekt „Bildungsgerechtigkeit im Fokus“.

Das Projekt „Synergetisches, interaktives, selbstorganisiertes E-Learning für Unternehmen mit komplexer Wertschöpfungskette (SISE)“ unter der Konsortialleitung des Lehrstuhls für Medien­didaktik und Wissensmanagement (Arbeitsgruppe Prof. Michael Kerres) in Kooperation mit der RWTH Aachen thematisiert die Entwicklung, Implementierung und Erprobung einer Wissenskommunikations- und Lernumgebung für produzierende Unternehmen unter Nutzung von Web 2.0-Technologien, die die mediengestützte Interaktion zwischen Menschen, Inhalten und Daten unterstützen und insbesondere das Teilen von Inhalten, die Interaktion und Kommunikation, sowie das Vernetzen und Austauschen und die aktive Gestaltung von Wissensobjekten fördern soll. Die grundlegenden Fragestellungen des ­Projekts sind die technischen, organisatorischen und didaktischen Maßnahmen, mit denen die kooperative Erstellung von Informations- und Wissensobjekten realisiert werden kann, sodass die Objekte in verschiedenen Stufen der Wertschöpfungskette verwendet werden können, der Austausch zwischen den Wertschöpfungsstufen über Informations- und Wissensobjekte gefördert werden kann, und Selbstorganisation von Lernprozessen und Wissensaustausch der Mitarbeitenden gestaltet werden kann. Die Konzeptionsphase des Projektes ist abgeschlossen und aktuell wird die SISE-Plattform auf der Basis von MS-SharePoint Technologie entwickelt.

Das Institut für Sozialpsychologie (Arbeitsgruppe Prof. Nicole C. Krämer) untersucht im DFG-Projekt „Determinanten der Selektion und Einstellungsbildung bei der Rezeption von Wissenschaftsinformationen im Internet“ innerhalb des DFG-Schwerpunktprogramms „Wissenschaft und Öffentlichkeit“ wie Rezipienten mit wissenschaftsbezogenen Online-Informationen unterschiedlicher Komplexität und aus unterschiedlichen Quellen umgehen, und zwar vor dem Hintergrund, dass im Internet, insbesondere durch die Entwicklung des Web 2.0, interessierte Laien Zugang zu einer Vielzahl von wissenschaftsbezogenen Informationen haben. Die Rezipienten stehen dabei vor der Herausforderung, diejenigen Inhalte auszuwählen, die glaubwürdig sind, und anhand der sich zum Teil widersprechenden Argumente zu einem informierten Standpunkt zu gelangen. Die bisherigen Erkenntnisse wurden zu einem Modell zusammengefasst, das die Auswahl und Rezeption von ­Online-Wissenschaftsinformationen in Abhängigkeit von Personenvariablen, Komplexität der ­Information, Quellenangabe und interaktiven Publikumsbewertungen beschreibt.