Biomedizinische Wissenschaften

Geschäftsführerin (2011): Dr. Natalie Diermann
Geschäftsführerin (2011): Dr. Natalie Diermann

Die Forschung am ZMB ist in vier Forschungsprogramme gegliedert, die im Folgenden anhand beispielhafter Projekte vorgestellt werden.

Onkologie

An der Klinik für Dermatologie, unter der Leitung von Prof. Dirk Schadendorf, beschäftigt man sich insbesondere mit Untersuchungen zur Prognose und Resistenz des bösartigen Hautkrebses. Bislang gab es keine Therapieoptionen, die eine Verlängerung der Lebenszeit erreichen konnten. 2010 wurde erstmals von einer Substanz (Ipilimumab) berichtet, die in der Immuntherapie eingesetzt, im fortgeschrittenen Melanom-Stadium einen Überlebensvorteil zeigte. Neue molekularpathologische Erkenntnisse führten nun zur Entwicklung neuartiger Substanzen. Dadurch konnte eine zielgerichtete Therapie gefunden werden, bei der ein Tyrosinkinase-Inhibitor als Substanz zum Einsatz kommt. Hierbei machte man sich die Erkenntnis zu Nutzen, dass der schwarze Hautkrebs bestimmte Veränderungen im Tumor aufweist, so genannte BRAF-Mutationen. Das neue Medikament (Vemurafenib) inhibiert nur ganz spezifisch mutiertes BRAF und greift somit nur speziell dort an, wodurch selbst große Tumormassen schnell reduziert werden können. Diese Substanz wurde in den USA bereits zugelassen, da die Zulassungsstudie ebenfalls einen Überlebensvorteil zeigte. In Europa wird das Medikament Anfang 2012 verfügbar sein.

Immunologie Infektionskrankheiten und Transplantation

Die Arbeitsgruppe von Prof. Elke Cario an der Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie forscht an der Funktion und Regulation des Darmepithels. Rezeptoren, die Bakterien spezifisch erkennen, spielen hierbei eine Schlüsselrolle in der Immunabwehr im Verdauungstrakt. Der vor kurzem als Risikofaktor für verschiedene Erkrankungen beschriebene TLR4-Polymorphismus D299G konnte nun von ihrem Team erstmals als so genannte „gain-of-function“-Mutation im Darmepithel identifiziert werden. Die Überexpression der Mutation führt zu einem gestörten Aufbau des Aktinzytoskeletts und schweren Störungen des Zellteilungsablaufes. Eine Studie zeigte, dass Patientinnen und Patienten mit der Mutation vermehrt ein fortgeschrittenes Tumorstadium mit bereits Metastasierung bei Diagnose aufweisen, was auf ein besonders aggressives Wachstumsverhalten der mutierten Karzinomzellen hindeutet. 

Genetik Entwicklungs- Molekular- und Zellbiologie

Die Arbeitsgruppe um Prof. Hemmo Meyer befasst sich mit molekularen Mechanismen, die zelluläre Signal- und Reparaturprozesse regulieren und damit zum Beispiel die Zellteilung steuern oder auf äußere Einflüsse reagieren. Im Zentrum des Interesses steht das Protein VCP/p97, eine Art Nanomaschine, die Zellbestandteile auseinandernimmt und dem zellulären Abbau zuführen kann. Die Gruppe konnte vor kurzem zeigen, dass VCP/p97 hilft, Bestandteile der Zelloberfläche abzubauen. Diese Funktion könnte bestimmte degenerative Prozesse bei Muskelerkrankungen erklären. Anderseits zeigte die Gruppe auch, dass VCP/p97 eine zentrale Rolle in DNA-Reparaturprozessen spielt. DNA-Schäden treten natürlicherweise auf, werden aber auch therapeutisch erzeugt, um Tumorzellen abzutöten. VCP/p97 hat somit eine wichtige Rolle für die genomische Stabilität und stellt einen möglichen Ansatzpunkt für die Krebstherapie dar.

Biomolekulare Strukturen und Funktionen

Eine Kombination aus Experimenten und Simulationen lieferte einer internationalen Forschergruppe überraschende Erkenntnisse über kurze eiweißartige Moleküle, die in Zellen eindringen, so genannte Cell Penetrating Peptides (CPPs). Manche von ihnen überwinden Zellmembranen mithilfe von Transportproteinen, andere schaffen das „einfach so“, wobei der Mechanismus bei letzteren noch nicht verstanden ist. Einen wichtigen Beitrag zum Verständnis eines möglichen Mechanismus leisteten nun atomar aufgelöste Computersimulationen solcher Peptide in wässriger Lösung, durchgeführt in der Arbeitsgruppe Bioinformatik um Professor Daniel Hoffmann. Dabei stellte sich heraus, dass CPPs aussehen wie molekulare Stachelschweine, wobei die Stacheln von positiv geladenen Aminosäuren gebildet werden. Diese Molekülform könnte den Durchgang der CPPs durch Zellmembranen erleichtern. Die Erkenntnisse können genutzt werden, um solche Peptide gezielt für medizinische oder biotechnologische Anwendungen zu entwerfen.