Medizin

Genetischen Krankheitsursachen auf der Spur
Innerhalb weniger Wochen haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom Essener Universitätsklinikum ihre Ergebnisse aus Studien zu krankheitsauslösenden Genvarianten in der renommierten Zeitschrift Nature Genetics veröffentlicht. Unter der Leitung von Prof. Dagmar Wieczorek und Prof. Dietmar Lohmann vom Institut für Humangenetik haben Forscherinnen und Forscher Mutationen in zwei neuen Genen, POLR1C und POLR1D, identifiziert, die das vererbbare Treacher Collins-Syndrom verursachen. Dieses geht mit charakteristischen Gesichtsveränderungen einher und folgt unterschiedlichen Erbgängen. Diese Erkenntnis ist von großer Bedeutung für die genetische Beratung. Prof. Dagmar Wieczorek war ebenfalls mit beteiligt an einem Projekt, das Mutationen in zwei anderen Genen, GRIN2A und GRIN2B, 
als Ursache für Entwicklungsverzögerungen, Verhaltensstörungen und/oder Krampfanfälle ausmachen konnte. Es ergeben sich hieraus neue diagnostische Möglichkeiten für Menschen mit einer Entwicklungsverzögerung, Mutationen in diesen Genen sind immerhin mit einer Häufigkeit von 0,5 bis 1 Prozent in einer entsprechenden Patientengruppe zu finden. An einer der umfangreichsten molekulargenetischen Studien überhaupt haben Prof. Johannes Hebebrand von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters und andere Essener Kolleginnen und Kollegen mitgewirkt. Durch Untersuchungen an fast 250.000 Probanden konnten 18 neue Genvarianten aufgespürt werden, die das Körpergewicht und damit Übergewicht-assoziierte Krankheiten beeinflussen.

Von guten und bösartigen Blutzellen
Die „B-Lymphozyten“ genannten weißen Blutzellen spielen durch die Bildung von Antikörpern eine zentrale Rolle in der Immunabwehr von Infektionen. In der Arbeitsgruppe von Prof. Ralf Küppers vom Institut für Zellbiologie konnte gezeigt werden, dass das Immunsystem des Menschen mehrere spezielle Arten von Gedächtnis-B-Zellen besitzen, die zu einem umfassenden Immunschutz beitragen. Diese Ergebnisse helfen, die Entstehung zum Beispiel von Immunschwächen oder 
Autoimmunerkrankungen besser zu verstehen. Wenn B-Zellen zu Krebszellen entarten, 
verursachen sie Lymphome und Leukämien. 
Bei Untersuchungen zur Entstehung des häufigen Hodgkin-Lymphoms haben Prof. Küppers und seine Gruppe ein neues Krebsgen identifiziert (A20 genannt), das eine wichtige Rolle in der 
Bildung dieses Lymphoms spielt. Die Erkenntnisse können zukünftig dabei helfen, eine zielgerichtetere Krebstherapie zu entwickeln.

DFG-Förderung für die Herzinfarktforschung
Bei einem Herzinfarkt trägt das Herz nicht nur durch die fehlende Blutversorgung Schäden davon, auch wenn das Blut nach der Öffnung 
der Gefäße plötzlich wieder einschießt, können dadurch die Folgen des Infarktes deutlich verschlimmert werden. Was genau im Herzen bei dieser Reperfusion geschieht, erforscht Prof. Gerd Heusch, Direktor des Instituts für Pathophysiologie. Seine Studien zur Postkonditionierung, der gezielten Beeinflussung der Reperfusion, 
und den zugrunde liegenden Mechanismen 
werden von der DFG mit mehr als 800.000 Euro gefördert.

Neue Wege in der Hirnschlagtherapie …
Krankheitsverursachenden Störungen im Gehirn mit Medikamenten beizukommen, ist äußerst schwierig, denn die meisten Wirkstoffe gelangen nur sehr begrenzt in das Gehirn. Einen Durchbruch haben Ayman El Ali und Prof. Dirk Hermann von der Klinik für Neurologie erzielt. Sie haben festgestellt, dass ein spezielles Eiweiß, das Apolipoprotein E, bestimmte Transporteiweiße reguliert, die ihrerseits den Zugang 
von Fremdstoffen ins Hirngewebe behindern. Durch Blockade eines bestimmten Rezeptors, der durch Apolipoprotein E aktiviert wird, lässt sich diese Sperre ausschalten. Diese Erkenntnisse könnten weitreichende Konsequenzen für die Therapieforschung haben. Auf ihrer Grundlage könnte der Zugang von Medikamenten in das Gehirn verbessert werden und so Krankheiten wie zum Beispiel Schlaganfall effektiver behandelt werden.

… der Therapie von chronischen 
Viruserkrankungen …
Cytotoxische T-Lymphozyten (CTL) sind die wichtigste Waffe des Immunsystems gegen Viren. Sie können sich jedoch auch gegen körpereigene Moleküle richten und so zum Beispiel Autoimmunerkrankungen verursachen. Um ein Überschießen der CTL-Antwort bei einer viralen Infektionen zu verhindern, werden diese daher durch regulatorische T-Zellen (Tregs) in Schach gehalten. Dies machen sich manche Viren zunutze: Sie lösen die Expansion von Tregs aus und bremsen so die gegen sie gerichtete CTL-Antwort. Eine chronische Virusinfektion ist die Folge. Prof. Ulf Dittmer vom Institut für Virologie hat mit Kollegen zeigen können, dass ein kurzzeitiges Ausschalten der Tregs die antivirale Immunantwort verstärkt und effizienter macht. Mit dieser Strategie könnten zukünftig chronische Viruserkrankungen, wie zum Beispiel HIV oder Hepatitis, geheilt werden – ohne die Gefahr, Autoimmunität auszulösen.

…und der Therapie von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen
In Deutschland leiden schätzungsweise 100.000 Menschen an einer so genannten Pancolitis ulcerosa, einer besonders schweren Verlaufsform chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen. Die Arbeitsgruppe von Prof. Elke Cario von der Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie konnte nun in internationaler Kollaboration mit der Harvard Medical School, Boston, und dem UT Southwestern Medical Center, Dallas, zeigen, dass Strukturen von Bakterien in der Lage sind, Wundheilung über erhöhte Schleimproduktion in Becherzellen im Darm direkt zu fördern. 
Bei Pancolitis ulcerosa führt aber ein Gendefekt im Immunsystem dazu, dass die Becherzellen die Bakterien nicht erkennen und so keinen schützenden Schleimfaktor (TFF3) produzieren. Die Folge sind Schleimhautwunden im Darm, die nicht abheilen. Für die Patientinnen und 
Patienten, die unter anhaltenden blutigen Durchfällen leiden, gibt es Hoffnung: Im Mausmodell konnte die Substitution von TFF3 erfolgreich angewendet werden und eröffnet so einen neuen therapeutischen Ansatz.